30. Sonntag im Jahreskreis A 2020 -Telefongottesdienst am 24. Oktober, 19:00

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Eröffnung
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
„Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen. Sucht den Herrn und seine Macht, sucht sein Antlitz allezeit.“

Lied zu Beginn: Zu dir o Gott erheben wir GL 142

Begrüßung (Ralf Schmitz)

Liebe Freundinnen und Freunde, Mitbeterinnen und Mitbeter im sredna-Telefongottesdienst,
herzlich begrüße ich Sie und Euch heute Abend zum letzten Mal zum Telefongottesdienst in dieser Form. 35 mal haben wir uns hier zum Beten und Singen getroffen – 35 mal haben wir uns dem Wort Gottes gestellt – in dieser außergewöhnlichen Zeit. Corona und der Lockdown im März haben uns einerseits in diesen neue, andere Form des Betens gezwungen. Und es ist fast schon eine Ironie, dass wir den Telefongottesdienst einstellen, wo die Infektionszahlen höher sind als im März.

Aber: die Situation hat sich verändert. Wir sind nicht mehr in der Schockstarre wie im März. Das Virus ist berechenbarer geworden – es ist aber auch mitten in unserer Bevölkerung angekommen. Wir haben gelernt, wie wir uns schützen können – und wir lernen gerade, dass wir andere und uns selbst schützen müssen.
Die meisten von uns sind auch in die physischen Gottesdienste zurückgekehrt – und sind andererseits doch der Telefongottesdienst-Gemeinde treu geblieben.
Wir haben heute Abend allen Grund zum Dank – an Gott, der uns herausruft aus dem Alltagstrott – wie den Petrus, aus dem Boot auszusteigen und auf ihn zuzugehen – auch wenn das wirklich verrückt ist – in den Augen der Menschen.
Wir haben Grund zum Dank dafür, dass es das sredna-Team und einige weitere Menschen gab, die für Texte und Lieder gesorgt haben – 7 Monate lang, Samstag für Samstag – und seit Mai manchmal sogar unter dem doppelten Belastung im physischen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche und im Gottesdienst hier am Telefon.
Wir haben vor allem aber Grund denen zu danken, die sich in die Gebetsgemeinschaft „eingewählt“ haben – Samstag für Samstag, oder gelegentlich. Ohne sie, ohne Euch wäre der Telefongottesdienst sinnlos. Um es ein bisschen pathetisch auszudrücken: Ihr wart, seid der Grund, warum wir uns den ganzen Stress gemacht haben – und wir wurden dafür reich belohnt – mit einer völlig neuen, anderen, unverfügbaren Form der akustischen Gemeinschaft.

Wir haben heute Abend aber auch Grund zum Bitten: darum, dass wir diesen nächsten Abschnitt der Corona-Pandemie einigermaßen gesund überstehen, dass die Menschen die notwendige Vernunft und Solidarität aufbringen – hier in Deutschland, in Europa und weltweit. Einige hatten gehofft, dass es eine sehr mariginale und vorübergehende Erscheinung sei – das Coronavirus. Sie sind eines anderen belehrt worden. Es wird voraussichtlich noch sehr lange zu unserem Leben dazu gehören.
Wir wollen heute Abend auch darum bitten, dass unser Glaube das Virus aushält – dass wir uns nicht von Gott abwenden, sondern ihn suchen – und seinen Auftrag für uns. Wir wollen auch darum bitten, dass unsere Fragen, unser Zweifel, unsere Klage nicht zum Abbruch der Beziehung mit Gott führen – sondern dass wir, wie im Anfangslied gesungen – unsere Seele zu Gott erheben, sicher mit Zweifel, Klage, Anklage und Fragen – aber eben auch mit Vertrauen.

Er hält uns, so glauben wir, in seinem Wort – bis ans Ende dieser Welt.
Bitten wir um sein Erbarmen.

Kyrie GL 164 Der in seinem Wort uns hält….

Gloria GL 709 Singt dem Herrn der Herrlichkeit

Tagesgebet (Ralf Schmitz)

Geheimnisvoller Gott,
in dieser eigenartigen Zeit sind wir zum Gebet zusammen
Die meistn von uns haben es gut –
ein Dach über dem Kopf, zu essen und zu trinken,
medizinische Versorgung in Reichweite –
keine materiellen Sorgen.
Natürlich sorgen wir uns um die Lieben,
die jetzt besonders gefährdet sind,
die Alten, die Kranken und die Schwachen.
Wir sorgen uns um Menschen anderswo in Europa –
anderswo auf der Welt,
wo es am nötigsten fehlt –
und wo der Tod umgeht.
Wir suchen deine Gegenwart, deine Führung –
wir suchen deine Barmherzigkeit für die Opfer.
Wo bist Du, Herr?
Und dann lesen wir die Geschichten
von deiner Weg mit uns Menschen.
Sie geben uns Fragen auf.
Gib uns die Kraft, mit ihnen zu leben –
auch wenn wir auf unsere Fragen keine Antworten finden.
Darum bitten wir heute und morgen und in Ewigkeit.
Amen.

ERSTE LESUNG

Impuls (Marc-Bernhard Gleißner)

Das Buch Exodus ist uns sehr bekannt. Wir kennen die Geschichte des Volkes Israel, das aus Ägypten auszieht; Mose, der das rote Meer spaltet; die 40-jährige Reise durch die Wüste nach Israel und natürlich nicht zu vergessen: die 10 Gebote. All dies steht in diesem zweiten Buch Mose. Der Text, den wir heute hören, vereinigen „Offenbarungen am Berg Sinai“ (Gen 19-24). Hier finden sich auch die 10 Gebote. Für alle, die mal nachlesen wollen. Bevor Gott seine Weisungen am Berg Sinai offenbart, lässt er sein Volk Treue schwören. Die Weisungen, die Gott mitteilt, haben durch diesen Schwur Gesetzescharakter. Deshalb werden die Offenbarungen am Sinai auch als Bundesbuch, also als Sammlung aller Gesetze, die Gott den Menschen aufträgt, verstanden. Neben alltagsrechtlichen Fragen, kultischen Bestimmungen und Verboten, findet sich aber auch eine Sozialgesetzgebung: Arme und Schwache sollen geschützt werden und die Mächtigen sollen ihr Amt würdig ausführen und nicht korrupt sein. Der heutige Text ist eine Option für die Armen: Gott steht auf der Seite der Armen und Schwachen und sagt: Ich höre ihr flehen und schreien! Also nutzt sie nicht aus! Gott erinnert daran, dass das Volk Israel selbst in Ägypten ausgebeutet wurde. Dies darf keinen Menschen widerfahren. Und denen, die Ausbeutung, Armut und Hunger erfahren, mit ihnen hat Gott Mitleid. Diese Sozialgesetze basieren also nicht auf dem Glauben, der Arbeitskraft eines Menschen, sondern der Empathie Gottes mit denen, die straucheln: „denn ich habe Mitleid.“ sagt Gott. Empathie also als Prinzip der Rechtsprechung. Davon können wir alle lernen.

Text (Bruni Werner)

Lesung aus dem Buch Éxodus.

So spricht der Herr:
20Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten,
denn ihr selbst seid im Land Ägypten Fremde gewesen.
21Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen.
22Wenn du sie ausnützt
und sie zu mir schreit,
werde ich auf ihren Klageschrei hören.
23Mein Zorn wird entbrennen
und ich werde euch mit dem Schwert umbringen,
sodass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden.
24Leihst du einem aus meinem Volk,
einem Armen, der neben dir wohnt, Geld,
dann sollst du dich gegen ihn
nicht wie ein Gläubiger benehmen.
Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern.
25Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand,
dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben;
26denn es ist seine einzige Decke,
der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt.
Worin soll er sonst schlafen?
Wenn er zu mir schreit,
höre ich es,
denn ich habe Mitleid.

1. Antwortgesang GL 847,1-3 Wir haben Gottes Spuren festgestellt

ZWEITE LESUNG

Impuls (Marc-Bernhard Gleißner)

Während wir in der Lesung des Alten Testaments von Geboten gehört haben, ist der Brief an die Gemeinde in Thessalonich geprägt durch die drei christlichen Tugenden „Glaube – Liebe – Hoffnung.“ Im Gegensatz zu den zehn Geboten sind diese drei Tugenden keine konkreten Handlungsvorschriften, sondern von Christen verlangte Einstellungen bzw. innere Haltungen. Sie werden von den vier aus der antiken Philosophie übernommenen Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung ergänzt.
Im Unterschied zu den menschlichen Tugenden werden die göttlichen Tugenden als von Gott in die Seele der Gläubigen „eingegossen“ bezeichnet. Die menschlichen Tugenden wurzeln in den göttlichen. Die Tugend ist Teil des geistlichen Wachstums und so steht im zweiten Petrusbrief:
„Darum setzt allen Eifer daran, mit eurem Glauben die Tugend zu verbinden, mit der Tugend die Erkenntnis, mit der Erkenntnis die Selbstbeherrschung, mit der Selbstbeherrschung die Ausdauer, mit der Ausdauer die Frömmigkeit, mit der Frömmigkeit die Geschwisterlichkeit und mit der Geschwisterlichkeit die Liebe. Wenn dies alles bei euch vorhanden ist und wächst, dann nimmt es euch die Trägheit und Unfruchtbarkeit, sodass ihr Jesus Christus, unseren Herrn, immer tiefer erkennt.“– 2 Petr 1,5–8
Paulus schreibt der Gemeinde in Thessalonich, dass sie mit ihren Tugend ein Beispiel für die Glaubenden in Mazedonien und im westgriechischen Achaia seien. Diese beispielhaften Tugenden gründen in den Glauben an Jesus, der den Tod bezwang und den Mensch vom Zorn rettet. Glaube, Liebe, Hoffnung ist in diesem Brief das Gegenteil von Bedrängnis, Zorn, Tod.

Wenn wir heute über Tugenden reden, dann klingt das gleich sehr altmodisch. Aber Tugend als innere Einstellung zu verstehen, dass jeder einzelne von uns im Glaube von Gott geliebt und geschützt, in der Liebe diese Geborgenheit an den anderen mitgibt und vorlebt und in der gemeinsamen Hoffnung zu leben, dass eine bessere Welt Möglichkeit ist, ist kein ungetrübter Optimismus, sondern die bewusste Entscheidung, dass Glaube, Liebe, Hoffnung besser ist als Bedrängnis, Zorn und Tod. Das ist kein Zwangsoptimismus, das ist eine rationale Entscheidung.

Text (Petra Weiland)

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich.

Schwestern und Brüder!
5cIhr wisst, wie wir bei euch aufgetreten sind,
um euch zu gewinnen.
6Und ihr seid unserem Beispiel gefolgt
und dem des Herrn;
ihr habt das Wort
trotz großer Bedrängnis
mit der Freude aufgenommen, die der Heilige Geist gibt.
7So wurdet ihr ein Vorbild für alle Glaubenden
in Mazedónien und in Acháia.
8Von euch aus
ist das Wort des Herrn aber
nicht nur nach Mazedónien und Acháia gedrungen,
sondern überall ist euer Glaube an Gott bekannt geworden,
sodass wir darüber nichts zu sagen brauchen.
9Denn man erzählt sich überall,
welche Aufnahme wir bei euch gefunden haben
und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt,
um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen
10und seinen Sohn vom Himmel her zu erwarten,
Jesus, den er von den Toten auferweckt hat
und der uns dem kommenden Zorn entreißt.

2. Antwortgesang GL 847 Wenn Glaube bei uns einzieht

Halleluja GL 174,3

EVANGELIUM (Marianne Grandjean)

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit,
34 als die Pharisäer hörten,
dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte,
kamen sie am selben Ort zusammen.
35Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer,
wollte ihn versuchen
und fragte ihn: Meister,
36 welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?
37Er antwortete ihm:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele
und mit deinem ganzen Denken.
38Das ist das wichtigste und erste Gebot.
39Ebenso wichtig ist das zweite:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
40An diesen beiden Geboten
hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Halleluja GL 174,3

Predigt (Ralf Schmitz)

LIebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich möchte Euch in dieser letzten Predigt der Telefongottesdienst-Reihe nochmal mitnehmen – ganz an den Anfang, an den 21. März – den Sonntag Laetare. Der Lockdown war gerade eine Woche her – und es gab täglich etwas Neues zu erleben, zu agieren und zu reagieren.

Als einige anfingen, ihre Angebote über das Internet zu verbreiten, war uns klar, dass wir das nicht wollen. Wir wollen keine Einbahn-Kommunikation, sondern miteinander in Verbindung bleiben. So entstand zuerst das Angelus-Gebet, morgens, mittags und abends – wenn in Herz-Jesu die Glocke läutet.
Wir fingen an, über das Telefon miteinander zu beten, weil wir uns nicht mehr physisch, körperlich treffen konnten. Immerhin waren die vertrauten Stimmen zu hören.

Dann dachten wir uns, dass das vielleicht auch ein Weg sein, samstags einen Wort-Gottes-Dienst zu feiern, der diesen Namen wirklich verdient: Das Wort Gottes sollte im Mittelpunkt stehen. Der erste zaghafte Versuch mit diesem bis dahin ungekannten Medium der Telefonkonferenz fingen wir am 21. März an….

Ihr Lieben,
ich begrüße Euch herzlich heute Abend nach diesem wunderbaren hoffnungsvollen sonnigen Tag.
Covid-19 hat unser Leben völlig durcheinander gebracht.
Ich habe meinen Terminkalender seit einer Woche nicht mehr in der Hand gehabt – ich wusste gar nicht, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte.
Es zählt der Augenblick – Jetzt.
Absprachen, Planungen, Veröffentlichungen –
alles waren innerhalb von Stunden schon wieder überholt.
Als Gruppe und als Team haben wir in der vergangenen Woche Großartiges geleistet – und dafür auch heute Abend nochmal ganz herzlichen Dank!
Unsere Zusammenarbeit und unsere Angebote waren robust.
Es hat sich schnell heraus gestellt, was funktioniert und was nicht.

Unsere Kirche ist immer noch offen.
Heute war sie in wunderbares Licht getaucht –
und die schönen Blumen in den Laetare-Farben haben gut getan.
Kerzen brannten, auch wenn wir keine seelsorgliche Gespräche mehr anbieten dürfen.
Wir haben auf der Website Angebote, gemeinsam zu beten,
das geht übrigens auch ganz schön zu zweit:
den Text ausdrucken, sich gegenseitig anrufen und zusammen beten.
Und es gibt was zu lesen…
Vielleicht kommt das ein oder andere Lebenszeichen in den nächsten Tagen noch dazu.
Alle können mitmachen.
Am Abend dieses Tages stehen wir gemeinsam vor Gott –
an unterschiedlichen Orten.
Wir müssen erst einmal herausfinden, welches Gemeinschaftsgefühl sich hier einstellt, was möglich ist…
Und ob es wärmt.

Es hat gewärmt. Am Fest Verkündigung des Herrn, am Passionssonntag.
Unser großartiges Fastenlesungsprojekt drohte durch Corona zu scheitern.
Ein Wort im leeren Raum um Welt und ich.
Als wir das Projekt vor Weihnachten 2019 geplant haben,

hatten wir noch keine Ahnung…
als wir angefangen haben, hatten wir auch noch keine Ahnung…
Dann ging alles ganz schnell –
Lesungen und Inszenierungen wurden als Videos gedreht,
kurz vor der Kontakteinschränkung…
Am Passionssonntag hörten wir die letzte Folge – als Telefon-Hörspiel.
Unglaublich was unser Regisseur Marc-Bernhard Gleißner
mit den Lektor*innen auf die Beine bzw. in die Ohren gebracht hat.
Corona-Viren kriegen uns nicht so schnell klein.
So schnell nicht.
Und wir hörten die letzten Folge „Totenstille“.

Dann haben wir den Palmsonntag gefeiert – mit einem Gottesdienst am Telefon – und einer Palmsegnung in der Kirche. Auftakt zu einer unvergesslichen Heiligen Woche.

Zum Gründonnerstag schrieb ein Mitfeiernde:

Zunächst einmal ganz herzlichen Dank für das ganz andere, aber für mich so berührende Gottesdiensterleben gestern Abend! Es war für mich schon etwas Besonderes, so ganz allein am gottesdienstlich gedeckten Tisch zu sitzen. Ich habe glaubend Christus um seine Nähe gebeten in Brot und Wein. Und dann ganz intensiv die Gaben in seiner Nähe genossen. Ganz prima fand ich, dass auch vom Betphon aus die Möglichkeit dazu gegeben wurde. Für mich war es ein intensiveres Erlebnis als mancher Kommunionempfang.
Zusätzlich fand ich sehr schön, dass noch einmal besonders der Bezug zu Gottes erstem und bleibenden Volk, den Juden hergestellt wurde, an ihr Pessach erinnert hat, dass sie gerade feiern, dass dies auch in dem Foto zu Gründonnerstag zum Ausdruck kommt.

Es folgte der Karfreitag mit über 60 Menschen am Telefon – in dieser störungsanfälligen Technik. Wir hatten ja noch keine große Erfahrung – und haben es trotzdem weit über eine Stunde miteinander ausgehalten. Wir wurden belohnt – mit dem unvergesslichen Hörspiel zur Johannespassion – mit den Telefoninterviews mit syrischen Geflüchteten, mit dem Ordnungsdezernenten, mit einer treuen Mitfeiernden hier am Betphon. Es war bewegend. Ein sehr intensiver Karfreitag – mit dem Kreuz am Bauzaun vor der Kirchentür.

Und schon wurde es Ostern – in der Osternacht mit dem Hörspiel zur Schöpfungsgeschichte – den Lesungen und Liedern – der Segnung mit selbstgemachten Weihwasser. Ich bin mit ganz wenigen Leuten danach in die Kirche gegangen – habe ein winziges, intensives Feuerchen gesegnet und angezündet – es reichte für das Licht der Osterkerze und der 180 Kerzen, die in der Kirche auf den Plätzen standen, wo eigentlich Menschen sitzen sollten – und wo viele in Gedanken auch waren. Das Osterhalleluja klang wie ein Protestlied – und war es auch.

Mit der Kirche und der Website war der Telefongottesdienst eine tragende Säule der Gemeinschaft und der Verkündigung in dieser Zeit.

Ich habe mich schon gefragt, warum sich kaum jemand aus der Gemeinde St. Matthias beteiligt hat – warum auch ältere Leute nicht den Impuls oder den Mut hatten, es überhaupt mal zu versuchen… Dafür gibt es sicher viele Gründe… und ich werde mir deswegen nicht das Hirn zermartern. Ich weiß nur aus eigener Erfahrung und aus Rückmeldungen – und der Begeisterung im Team, wie gut uns Teilnehmenden der Telefongottesdienst getan hat.

Amm vierten Sonntag in der Osterzeit, kurz vorm Ende des Lockdowns haben wir das Evangelium gelesen, wo Jesus sagt: Ich bin die Tür.
Ich bin der Zugang zu Gott, denn Gott ist zugänglich. Der Weg ist frei! Ihr braucht keine Eintrittskarte zu kaufen! Es gibt kein Drehkreuz, wo ihr euch durchschlängeln müsstet. „Ich bin die offene Tür zu Gott, die menschgewordene Einladung Gottes . Auf Euch wartet der „zugängliche Gott“ – zu dem findet Ihr durch die Freundschaft mit mir!“

Ein solcher freier Zugang duldet keine Türsteher mehr, keine Rausschmeißer – wie in einer Disco, kein Sicherheitspersonal, auch keinen Engel mit dem Flammenschwert – am Eingang des Paradieses. Das ist der Unterschied zum „Himmlischen Jerusalem“ am Ende: da gibt es keine Türen mehr, keine Barrieren. Zutritt erwünscht!“ „Herzlich willkommen!“ oder „Herein, herein, wir laden alle ein!“
Der Zugang zu unserer Gottesdienstfeier ist offen und frei. Wer die Nummer kennt, den Code, der überall veröffentlicht ist, der kann zu uns kommen – und kann wieder gehen, kann die „Konferenz verlassen“, wie die Stimme dann allen anderen mitteilt. In meinem Flur hängt ein Poster, mit Fotos von 15 Türen aus meinem Heimatort Oberwinter. Statt einer 16. Karte ist das wunderbare Gedicht von Rainer Kunze zu lesen: „Einladung zu einer Tasse Jasmintee“.
//:„Treten Sie ein, 
legen Sie Ihre Traurigkeit ab,
hier dürfen Sie schweigen!“ ://
Hier im Telefongottesdienst dürfen Sie schweigen. Sie müssen es sogar!

Am 9. Mai kehrten wir ganz vorsichtig, geradezu scheu in die Kirche zurück. Wir mussten uns zuerst einmal neu orientieren. Und der Telefongottesdienst veränderte sich langsam, über den Frühsommer hin zum Sommer. Er war nicht mehr so sehr der Ersatz für den physischen Gottesdienst in der Kirche, sondern bekam sein eignes Gepräge und seine eigenen Ausdrucksformen.

Am 16. Mai haben wir einen Maria-Zwei-Punktt-Null-Gottesdienst gefeiert – von Frauen vorbereitet und vorgetragen – für Frauen und Männer: mit der Geistkraft Gottes die Kirche wachküssen! Nochmehr als in der Kirche und in der geprägten Messe war und ist im Telefongottesdienst Raum für Experimente, Begabungen und Ideen.

An Pfingsten wurde es wirklich pfingstlich chaotisch. 9 Lesungen waren zu hören und fremde Klänge, von einem eigenartigen Instrument. Ich habe es extra mitgebracht nach Schönstatt. Es wird nach der Predigt nochmal zu hören sein. Wir haben unser Solidaritätsschweigen gebrochen und pfingstlich chaotisch miteinander gesungen.

Und: anders als im Kirchengottesdienst steht wirklich das Wort Gottes im Mittelpunkt.

So geht es nicht weiter…
meinen viele nachdenkliche Zeitgenoss*innen nach dem ersten großen Corona-Lockdown. Sie haben bei all den Einschränkungen und den katastrophalen Folgen auch Positives erlebt – im Verzicht. Sie sagen, dass es keine Rückkehr in die Normalität vor Corona geben kann, soll und darf.
So viele globale Themen wurden im Corona-Lockdown in den Hintergrund gedrängt. Sie sind alle noch da, einige massiver als vorher – sie warten auf Aufmerksamkeit und Veränderung.

So geht es nicht weiter …
meint auch der Evangelist Matthäus.  Er ruft zur Gerechtigkeit. Er will zum Widerstand mitreißen. Das Reich Gottes nach Matthäus will eine Kontrast-Gesellschaft.  Matthäus kommt für den einen und die andere manchmal „moralin-sauer“ rüber. Lässt sich über „die Gerechtigkeit des Reiches Gottes“ anders sprechen als mit erhobenem Zeigefinger?


An den 10 Sonntagen vom 27. Juni bis zum 12. September wollen wir im Telefongottesdienst samstags um 19 Uhr Texte aus Matthäus anders lesen. Wir wollen „Befreiung“ entdecken – nicht nur die Befreiung aus der ungesunden Fixierung auf uns selbst und aus ungerechten Strukturen. Wir wollen „Befreiung“ entdecken auf ein neues, anderes Leben hin – global, lokal und persönlich.

27. Juni: „Wer sein Leben gewinnen will“
4. Juli: „Den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen geoffenbart“ 11. Juli: „Teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach“

18. Juli: „So dass die Vögel in seinen Zweigen nisten“
25. Juli: „Fische allerlei Art“
1. August: „und alle aßen und wurden satt“

8. August: „Habt Vertrauen, fürchtet euch nicht, ich bin es!“
15. August: „Frau, dein Glaube ist groß!“
22. August: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“
29. August: „Wer mir nachfolgen will…“
5. September: „Zwei oder drei in meinem Namen“
12. September: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“

Wir haben mit Matthäus gerungen und gekämpft… wir haben seinem Evangelium Sinn abgewonnen – oft nach zähen Bemühungen. Wir haben aber auch seine Zusagen entdeckt, seinen Trost und seine Hoffnung.

Das geht in dieser Form heute zu Ende.
Und es war einfach nochmal anrührend und bewegend, allen Gottesdiensten nochmal nachzugehen – und einiges nachzulesen. Fast alle sind jetzt ein einem Beitrag auf der Website zusammengefasst. Da lässt sich alles nachlesen.

LIebe Freundinnen und Freude des Telefongottesdienstes!

Wie geht es jetzt weiter? Vielleicht entsteht jetzt bei dem einen oder der anderen am Samstag um 19 Uhr ein Vakuum. Das wäre ja nicht schlecht – wenn es etwas zu vermissen gibt. Wahrscheinlich wird sich die Zeit schnell füllen. Trotzdem wollen wir versuchen, diesen vielen guten Erfahrungen eine neue, andere Form und auch einen anderen Zeitpunkt zu geben.

An 9 Sonn- und Feiertagen in der Advents- und Weihnachtszeit wollen wir Abschnitte aus dem Propheten Jesja lesen und in einer Morgenfeier anbieten. Sie beginnt um 8.30 und dauert ca. 20 Minuten. Sie wird in der Form etwas freier sein – und sich nicht unbedingt an dem Ablauf des Gottesdienstes in der Messfeier richten. Sie soll allein stehen – und Ersatz für etwas anderes ein.

Bis zum 1. Advent ist also Vakuum. Über das Vakuum haben wir uns am Sonntag vor Pfingsten Gedanken gemacht.

Der Theologe Karl Rahner sieht in diesem Vakuum Gott.
Gott ist nicht nur der Trost und die Kraft, ein neuer guter Geist. Rahner warnt davor, sich zu schnell nach Pfingsten zu flüchten. Es gibt diese wahre Leerstelle. Und – so sagt er – da ist Gott.

Vielleicht müssen wir diese Leere noch etwas länger aushalten. Vielleicht hat die Corona-Leerstelle noch zu wenig zu uns gesprochen – hat uns noch nicht genug verändert. Wir tragen Masken, ja, und waschen uns die Hände – aber was ist mit unserem Geist, mit unserer Seele? Vielleicht brauchen wir noch einige Tage, damit uns deutlich wird, dass es kein Zurück geben kann, geben darf, in die Welt, in der wir bisher gelebt haben.

Corona hat doch unzählige „Baustellen“ hervorgebracht, die unter der Oberfläche verborgen waren:
– Pflegeberufe werden viel zu schlecht bezahlt
– Lobbyisten und globale Firmen haben zu großen Einfluss auf die Politik
– viele Schulen sind in einem schlechten Zustand, von den Toiletten bis hin zur Computer-Ausstattung
– Europa ist in einem jämmerlichen unsolidarischen Zustand
– der Amazonas-Regenwald wird weiter vernichtet
– Kriege – wie im Jemen – werden weiter geführt
– Flüchtlinge stranden – irgendwo im Niemandsland zwischen einem Gestern, das es nicht mehr gibt und einem Morgen, das sich einfach nicht einstellen will
– jeder versucht seine Haut zu retten, obwohl alle wissen, dass nur eine gemeinsame Lösung gibt.
Das alles wird uns doch in diesem Vakuum bewusst – und es darf kein Zurück in das Gewesene geben.  Vielleicht brauchen wir noch etwas mehr Vakuum, bevor wir uns wieder heraus wagen – in die Welt.

In dieser Zeit des Vakuums sind wir nicht allein – auch wenn Jesus weggegangen ist – auch wenn erst mal nichts mehr so ist, wie es war – auch wenn wir verängstigt und voller Sorgen sind – Jesus hat gesagt, dass er bei uns ist, bis ans Ende der Tage, so war im Evangelium an Christi Himmelfahrt zu hören – bei Mätthäi am letzten – im letzten Vers des Matthäusevangeliums. Er ist bei uns in diesem Vakuum.

Wenn das Vakuum sich wieder füllen soll mit Leben, dann muss es das Leben aus der Zukunft sein, das uns entgegenkommt – das Reich Gottes, das vom Himmel herab regnet. Die Geistkraft Gottes muss uns Weisheit und Stärke bringen, Besonnenheit, Erkenntnis, Guten Rat, Gottesfurcht – sonst können wir kaum bestehen in dieser Welt, die aus den Angeln zu gehen droht.

Freuen wir uns auf den Advent und Weihnachten – mit seinen fremden Worten und Klängen – mit seinem Anspruch und Zuspruch – mit seiner Botschaft, dass ein Anfang gemacht ist – hinter den Gott nicht zurückgeht. Amen.

(Klänge mit der Steel Tounges Drum)

Glaubensbekenntnis (Petra Weiland)

Ich glaube an Gott, der die Liebe ist,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Ich glaube an Jesus,
sein menschgewordenes Wort,
den Messias der Bedrängten und Unterdrückten,
der das Reich Gottes verkündet hat und gekreuzigt wurde,
ausgeliefert wie wir der Macht des Todes,
aber am dritten Tag auferstanden,
um weiterzuwirken für unsere Befreiung,
bis dass Gott alles in allem sein wird.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
der uns zu Mitstreitern des Auferstandenen macht,
zu Brüdern und Schwestern derer,
die für Gerechtigkeit kämpfen und leiden.

Ich glaube an die Gemeinschaft der weltweiten Kirche,
an die Vergebung der Sünden,
an den Frieden auf Erden,
für den zu arbeiten Sinn hat,
und an eine Erfüllung des Lebens
über unser Leben hinaus.
Amen.
(Kurt Marti)

Fürbitten (Marc-Bernhard Gleißner)

Gott, Du hast uns zu Deinen Volk berufen und als Mensch an Deinen Tisch geladen. Du hast uns das Geschenk der Gemeinschaft gegeben, in der Du mit uns bist und Du hast uns Deine Gebote offenbart, damit wir einander so lieben wie uns selbst. Herr, wir bitten Dich:

Die Corona-Infektionen steigen wieder an. Gib uns die Kraft Vorbild zu sein und empathisch auf unsere Mitmenschen zu reagieren. Sei an der Seite von allen, die infiziert sind, sich um Erkrankte kümmern, für alle, für die, die steigenden Infektionszahlen psychische, soziale und ökonomische Folgen haben.

(Stille)

Herr, wir bitten Dich, erhöre uns.

Für alle, die in Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen Verantwortung tragen, dass Du ihnen Empathie für diejenigen gibst, die unter der Pandemie leiden und Mut und Kreativität gibst, die anstehenden Probleme zu lösen.

(Stille)

Herr, wir bitten Dich, erhöre uns.

Für uns, unsere Gesellschaft, die auseinanderdriftet. Gib ihr Glaube, Liebe und Hoffnung, dass wir füreinander da sein können.

(Stille)

Herr, wir bitten Dich, erhöre uns.

Für unsere Kirche, dass sie Vorbild in Solidarität, Empathie und Dienst am Nächsten ist.

(Stille)

Herr, wir bitten Dich, erhöre uns.

Für unsere Toten, dass sie am Tische mit Dir sitzen und dort Deine schützende und liebende Gemeinschaft erfahren.

(Stille)

Herr, wir bitten Dich, erhöre uns.

Herr, schenke uns im Glauben die Erfahrung der Zusage, dass Du bei uns bist, lass uns Liebe erfahren, damit wir diese Welt in Solidarität, Liebe und Anerkennung für alle gestalten und gebe uns Hoffnung, dass unser Tun nicht vergänglich ist, sondern in Deiner allumfassenden Liebe aufgehoben ist. Amen.

Vaterunser (Bruni Werner)

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

 Schlussgebet “ Laudato si-Gebet (Ralf Schmitz)

Guter Gott, Schöpfer von Himmel und Erde.
Du hast uns Menschen erschaffen.
Wir tragen Verantwortung für unser „gemeinsames Haus“.
Öffne unseren Geist und berühre unsere Herzen,
damit wir deine Schöpfung bewahren für alle, die nach uns kommen.

Gott, hilf uns bei der Bewältigung der Corona-Krise,
welt weit, in unserem Land und in unserem persönlichen Umfeld.
Verwandle Angst, Sorge und Alleinsein in neue Hoffnung.
Hilf uns Veränderungen zu akzeptieren, die notwendig sind.
Vereint bemühen wir uns
um eine gute Zukunft für die Erde,
und für die Menschheit,
besonders für alle, die unter Armut, Krieg und Unfreiheit leiden.
Laudato si – sei gepriesen in Ewigkeit.

Segensgebet

 

Schlusslied: GL 405,1-3 Nun danket alle Gott

 

 

 

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