Persönliche Gedanken zum 2. Fastensonntag – von Ralf Schmitz.
Ihr Lieben,
Da ging Abram – wie Gott gesagt hatte.
Dieser Abschnitt aus dem Buch Genesis, spielt sozusagen in der Steinzeit unseres Glaubens. Archaische Themen und Gefühle werden angesprochen. Bleiben und gehen – Sterben und leben – die Suche nach Lebensraum, nach Zukunft.
Mich lässt diese Geschichte mit vielen Fragen zurück.
Hat Abram nicht mit Gott gerungen? Ging ihm sein „JA“ zu dem Weg wirklich so leicht über die Lippen und in die Füße? Er sagt es ja noch nicht mal – er geht einfach. War vielleicht Bleiben keine Option?
Wohin geht es denn überhaupt? Was ist das Land, das Gott ihm zeigt? Wie ist es da? Ist der Weg das Ziel? Gewinnt, wer wagt?
Mag sein, dass es bei Abram ums nackte Überleben ging – es gab kein Bleiben. Mag sein, dass der Text diese Not eines Nomaden verklärt, und im Nachherein eine Verheißung hinein liest.
Mag sein, dass sich irgendwann im Rückblick
das Gefühl, die Gewissheit eingestellt hat: Das waren alles keine Zufälle, da gab es eine Führung, eine Begleitung, aus dem Mangel, dem Elend, der Not – in ein Land, wo Milch und Honig fließen. Und dass der Aufbruch ein Segen war. Dass es gut war zu gehen.
Diese Erfahrung hat Jesus wohl auch gemacht. Dass es gut war, sein Kaff, sein Dorf Nazareth zu verlassen, und an den See zu gehen…dann den See zu verlassen und hinauf zu gehen auf den Berg Tabor.
Und auch vom Berg wieder herunter zu gehen, hinauf nach Jerusalem. In einem Moment, träumt, sieht Jesus dort oben das Ziel, die Vollendung, das – was ganz am Ende sein wird, nach seinem Tod: Gesetz und Propheten kommen an ihr Ziel Mose und Elija – Säulen des Ersten Bundes, zusammen mit drei Aposteln, die für den Neuen Bund stehen.
Petrus, Jakobus und Johannes sind überwältigt und werfen sich zu Boden – in Furcht. Jesus tritt zu ihnen und sagt: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht!
Morgen fahre ich nach Heidelberg, in die Uni-Klinik. Plötzlich geht alles ganz schnell – nach 2 Wochen Ungewissheit, wie es weitergehen wird. Am Montag ist die Operation.
Ich fürchte mich – nicht so sehr vor der OP selbst, das auch – aber noch viel mehr davor, wie es danach sein wird. Wie wird sich mein Leben ändern? Was wird gehen? Was nicht? Ich muss Kontrolle abgeben, mich von anderen bestimmen lassen. Das geschieht nicht freiwillig. Ich war und bin in meinem Leben glücklich. Ich will gar nicht weg.
Andererseits geht es mir wie Abram: ich weiß, dass es nicht so bleiben kann, wie es jetzt ist. Dass das ETWAS in meiner Bauchspeicheldrüse raus muss. Dass die OP alternativlos ist. Und damit der Weg, der folgt.
Im Evangelium von der Verklärung sprechen mich 2 Sätze an – die mir guttun, heute Abend und hoffentlich bis Montag – und darüber hinaus: Das „Fürchtet euch nicht, Ihr Drei!“ Fürchte dich nicht, Ralf! Und dass Jesus sie dabei anfasst – zärtlich berührt, si9e in die Arme schließt – vielleicht. Als sie aufblicken sind, sie ganz mit ihm allein.
Jesus hatte für mich so viele Namen in den letzten Tagen und Wochen. Frauen, Männer – ganz in meiner Nähe, oder weiter weg, in Kanada… Das „Fürchte dich nicht!“ hatte so viele Dialekte… Es waren Lebensgeschichten von Menschen, die sich auskennen – die so was schon mitgemacht und hinter sich gebracht haben. Die versuchen, sich einzufühlen….
Ich möchte einige Gedanken teilen…. Da stand:
… Ich kann von mir aus sagen, dass es für mich immer hilfreich war und ist, über die Krankheit zu sprechen.
… Grüße aus 650 km Entfernung. Du weißt ja: Wer auf den Herrn vertraut, schöpft neue Kraft
… Du kannst gewiss sein, dass ich versuche, mit unserem Meister und Bruder und Freund über Dich zu sprechen.
… Ich wünsche Dir gute und schnelle Genesung, damit wir ganz bald nochmal gemeinsam tanzen können
… Ich stelle mir vor und habe den Eindruck, dass du von vielen liebenden und sorgenden Menschen umgeben bist
… Wenn wir in diesen Zeiten nicht auf Gottes Führung vertrauen könnten – auch wenn wir sie in den aktuellen Situationen oft wirklich nicht sehen, sondern bloß glauben können, wären der ganze „Schlamassel“ und das „Chaos“ noch schwerer (oder vielleicht gar nicht) auszuhalten …
… Du wirst wieder gesund, ich glaube fest daran!
… Du wirst da stark rein und gestärkt rausgehen, auch wenn der Weg kein leichter sein wird.
… Du hast dein Leben immer mit Leidenschaft gelebt. Wir bitten darum, dass Du dieser Herausforderung mit Widerstandskraft und Offenheit begegnest.
… Ich musste an die Daybreak-Heiligen denken: Peter, Bill, David, Jan, Carol, Joe, Henri – da gibt es eine Menge Leute im Himmel, die dich anfeuern und die dich in ihren Herzen halten…
„….und doch ist einer,
der dieses Fallen
unendlich sanft
in seinen Händen hält…“
So viele Kostbarkeiten, die ich erleben darf – in einer Zeit, in der ich mein Verwundbarsein und mein Verwundetsein deutlich spüre. Darüber wollte ich mit Euch in dieser 40-Tage-Zeit nachdenken und nachspüren. Nun kommt es anders. Heute bin ich vorerst zum letzten Mal hier…
Ihr Lieben,
bei den vielen Nachrichten und Grüßen war auch diese:
Eine neue Phase und Form des JA – sagens ist für Sie angesagt… Wir wünschen Ihnen viel Kraft für dieses neue “ ad sum“. Möge der Herr Sie seine helfende, tröstende Nähe spürbar erfahren lassen.
Aufs neue mein „Adsum“ sagen, ich bin bereit. So wie ich es bei meiner Weihe zum Diakon getan habe, und zum Priester.
In Anbetracht der Umstände wird es nicht feierlich sein und nicht freudig. Vielleicht wird es auch nur darin bestehen, dass ich mich auf den Weg mache – morgen nach Heidelberg und in den Lebensabschnitt, der am Montag anfängt. Ohne Worte. Wie Abram, der weiß, dass das Bleiben keine Option ist.
Ich will mich von Jesus anrühren lassen, umarmen lassen – im Gebet – und in den vielen Bekundungen seiner Gegenwart durch die Menschen an meiner Seite.
Und ich will mir von ihm sagen lassen: Steh auf! Fürchte dich nicht!
Here I am, Lord! Adsum. Hier bin ich.
danke Ralf für die wunderbaren Gedanken und das offene Teilen Deiner Gefühle for der OP und dem was danach kommen wird. Ja, vieles kommt unerwartet, auf einiges konnten wir uns vorbereiten. Eines weiß ich, Gott ist da und er braucht dich noch, so wirst auch Du den Weg weitergehen mit der Kraft und dem Optimismus die Dich immer gehalten haben. Ich kann das sagen und du weißt warum! Bis bald in Heidelberg.
Lieber Ralf,
unsere Gedanken sind bei dir und begleiten dich.
Wir wissen, dass wir alle in Gottes Hand sind, wie du es in deinen Gedanken sehr gut ausgedrückt hast.