So geht es nicht weiter…
meinen viele nachdenkliche Zeitgenoss*innen nach dem ersten großen Corona-Lockdown. Sie haben bei all den Einschränkungen und den katastrophalen Folgen auch Positives erlebt – im Verzicht. Sie sagen, dass es keine Rückkehr in die Normalität vor Corona geben kann, soll und darf.
So viele globale Themen wurden im Corona-Lockdown in den Hintergrund gedrängt. Sie sind alle noch da, einige massiver als vorher – sie warten auf Aufmerksamkeit und Veränderung.
So geht es nicht weiter …
meint auch der Evangelist Matthäus. Er ruft zur Gerechtigkeit. Er will zum Widerstand mitreißen. Das Reich Gottes nach Matthäus will eine Kontrast-Gesellschaft. Matthäus kommt für den einen und die andere manchmal „moralin-sauer“ rüber. Lässt sich über „die Gerechtigkeit des Reiches Gottes“ anders sprechen als mit erhobenem Zeigefinger?
So geht es weiter – im „SOMMER der Befreiung“.
An den 10 Sonntagen vom 27. Juni bis zum 12. September wollen wir im Telefongottesdienst samstags um 19 Uhr Texte aus Matthäus anders lesen. Wir wollen „Befreiung“ entdecken – nicht nur die Befreiung aus der ungesunden Fixierung auf uns selbst und aus ungerechten Strukturen. Wir wollen „Befreiung“ entdecken auf ein neues, anderes Leben hin – global, lokal und persönlich.
Seelsorgerinnen und Seelsorger aus der Betphon-Gemeinde
übernehmen die Predigt.
Mitglieder aus dem sredna-Team die Leitung der Gottesdienste.
Hier die Übersicht über die Schriftstellen und die Prediger*innen:
27. Juni: „Wer sein Leben gewinnen will“
Mt 10,37-42 (Ralf Schmitz)
4. Juli: „Den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen geoffenbart“ Mt 11,25-30 (Marc-Bernhard Gleißner)
11. Juli: „Teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach“
Mt 13,1-23 (Elke Grün)
18. Juli: „So dass die Vögel in seinen Zweigen nisten“
Mt 13,24-42 (Ralf Schmitz)
25. Juli: „Fische allerlei Art“
Mt 13,44-52 (Heiko Paluch)
1. August: „und alle aßen und wurden satt“
Mt 14,13-21 (Elke Grün)
8. August: „Habt Vertrauen, fürchtet euch nicht, ich bin es!“
Mt 14,22-33 (Marc-Bernhard Gleißner)
15. August: „Frau, dein Glaube ist groß!“
Mt 15,21-28 (Elke Grün)
22. August: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“
Mt 16,13-20 (Katja Bruch)
29. August: „Wer mir nachfolgen will…“
Mt 16,21-27 (Heiko Paluch)
5. September: „Zwei oder drei in meinem Namen“
Mt 18,15-20 (Marc-Bernhard Gleißner)
12. September: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“
Mt 18,21-35 (Katja Bruch)
Zum Themenbild von Lio Vandrey:
Wie einfach es ist, sich in ein Einmachglas einzuwecken und die Sicherheit der schützenden Glaswände zu haben, einen Druckverschluss, den Deckel, auf das selbstauferlegtes Gefängnis darauf zuschrauben, ist der Ausgang von Lio Vandreys Get free! So klar der Appell ist, so unklar ist die Frage, warum wir uns selbst einsperren. Während die Figur im Zentrum des Bildes den Kopf nach unten gebeugt hat und wie am Kreuz im Vakuum hängt, vermittelt sie das Gefühl der Unterdrückung: Da hängt jemand in der Luft! Da wurde auf jemanden so lange eingeredet, dass sie den Kopf hängen lässt. Doch in der Kälte des blaukühlen Glases ist die Leidenschaft, die Lust zu leben, die Magie des Sprengens von einengenden Wänden genauso vorhanden wie der unausgesprochene Appell, sich zu befreien: Get free! Nicht als weiteres Einreden, nicht als Moral, nicht als Parole, sondern vielmehr als magische Erfüllung, dass in der Befreiung die Möglichkeit geborgen ist, die Grenzen des Einmachglases zu überwinden und eine Welt mit Buntheit, Kraft und Kreativität zu erfüllen.
Lio Vandrey studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaften. Ab den 29.06. 2020 ist im Café Liebling Trier (Rindertanzstr. 15, 54290 Trier) eine Ausstellung von ihr zu sehen. Ihre Bilder wandeln zwischen politischen Agitprop, Emanzipation, Deutung von Gewalt und Leiden und verschmelzen diese in einem romantisch-surrealistischen Symbolismus, die die Bilder zwischen ihrer politischen Relevanz, assoziativen Ausstreuen und kritischer Reflexion pendeln lässt.
Als ich das Twist-off-Glas mit der gekreuzigten Person sah, kam mir spontanein ganz anderer Gedanke.
Immer wieder im Laufe der Kirchengeschichte haben wir Christus eingesperrt, der doch das größte und weiteste Herz für uns hat. Ist es nicht viel einfacher mit einem erhöhten Christus zu leben, einem Christus, den man notfalls in der Kirche zurücklassen kann, der unserem eigenen Leben nicht zu nahe kommen darf? Viele unserer Mitmenschen spüren, dass in unserer Kirche etwas nicht wahrhaftig ist.
Müssen wir Jesus Christus nicht noch mehr aus dem Glas herauslassen, hautnah in unser Leben? Wie können wir ihn wirklich kennen lernen und entdecken? In seinem Wort. Seine gute Botschaft kann sehr sperrig, sehr herausfordernd sein. Christus ist nicht bequem. Doch er will bei der Hand nehmen und uns peu à peu wandeln, wenn wir uns auf ihn einlassen.
Christus überfordert nicht. Er ist Individualist. Er liebt das Du. Er will eine individuell anders geprägte, persönliche Beziehung zu jedem Einzelnen aufbauen. Mit unvorstellbarer Geduld schenkt er uns die Möglichkeit ihn immer mehr lieben zu lernen. Dadurch entsteht, wie von selbst, der Wunsch an seinem Reich mitzuarbeiten, jeder anders, auf seine ihm eigene Art, mit den Fähigkeiten und Begabungen, die er von Gott erhalten hat.
In Sredna ist der Deckel bereits geöffnet, Christus darf immer mehr sein, der er ist in seiner ganzen Menschlichkeit und als Sohn des Vaters, in immer neu zu entdeckenden vielfältigen Facetten. Danke an alle, die das möglich machen!