Begrüßung
Liebe Schwestern und Brüder,
herzlich begrüße ich Sie und Euch
zu unserem Gottesdienst heute Abend.
Wir gehen in die letzte Woche vor den großen Ferien,
die ja immer einen gewissen Einschnitt bedeuten
auch wenn wir selbst nicht mehr persönlich von den Großen Ferien betroffen sind.
Hier in der Friedrich-Wilhelm-Straße merken wir schon, wenn die beiden Schulen geschlossen sind und auch die Bäckerei Dietz nur morgens geöffnet hat.
Viele gehen in den nächsten Wochen auf Reisen
Das ist der Anlass für das sredna-Team,
einen persönlichen Segen anzubieten –
für alle die auf Reise gehen,
ob nun in den Urlaub
oder auf einen weiteren Abschnitt der Lebensreise.
Auf der kleinen Plastik von Hans Rams auf unserem Liedblatt sind Tobias und Rafael und der Hund des Tobias zu sehen.
Ein Weg tut sich auf – mit all seinen Möglichkeiten und Risiken.
Bitten wir zu Beginn unserer Feier um Gottes Erbarmen –
Und um einen guten Engel, der unsere Wege mitgeht.
Kyrie
Gott, du schickst uns deine Engel,
um uns durch unser Leben zu führen.
Dein Engel hält unsere Hand,
wo wir auch sind, können wir es spüren.
Dein Engel bringt in die Dunkelheit Licht
Und sagt uns: Fürchtet euch nicht!
Tagesgebet
Gott, unser Schöpfer und Vollender,
du bist auf dem Weg mit uns –
und erfüllst uns mit deinem Segen.
Dein Sohn Jesus Christus
stärkt uns durch sein Wort und Sakrament
und durch die Weggemeinschaft miteinander.
Lass uns als Gesegnete unseren Weg gehen –
Und dir vertrauen.
Darum bitten wir jetzt und in Ewigkeit.
Amen.
Lesung aus dem Buch Tobit
Tobit war ein gerechter Mann.
Er sagte zu seinem Sohn Tobias:
„Ich habe einem Verwandten Geld geliehen,
er wohnt weit entfernt.
Jetzt brauchen wir das Geld.
Bitte geh dorthin, um das Geld zu holen.“
Der Vater gab seinem Sohn
den Schuldschein für das Geld.
Tobias sagte:
„Ich will alles tun, was du willst, Vater.
Aber ich kenne den Verwandten nicht.“
Da sagte der Vater:
„Such dir einen Begleiter für die Reise.
Ich will ihn bezahlen.
Geh und hole das Geld,
das wir jetzt dringend brauchen.“
So machte sich Tobias
auf die Suche nach einem Reisebegleiter.
Er traf Rafael.
Der war ein Engel, aber Tobias wusste das nicht.
Tobias fragte ihn:
„Willst du mit mir reisen nach Rages in Medien?
Kennst du den Weg?“
Rafael antwortete:
„Ja, ich will mit dir reisen,
ich kenne den Weg,
und ich kenne auch den Verwandten.“
Tobias nahm Rafael mit nach Hause,
denn sein Vater Tobit wollte ihn kennen lernen.
Der fragte ihn nach seiner Familie.
Rafael sagte ihm:
„Ich gehöre zum Volk Israel!“
Tobit sagte zu ihm:
„Willkommen, mein Bruder!“
Sie verabredeten den Lohn für Rafael.
Dann sagte Tobit zu seinem Sohn Tobias:
„Mach dich zur Reise bereit.
Gott im Himmel soll euch schützen auf der Reise.
Sein Engel soll euch begleiten.“
Da umarmten sich alle und die beiden gingen los.
Und der Hund des jungen Tobias lief mit.
Tob 5,1-17 (in Auswahl)
Evangelium 14. So iJ B Mk 6,1-6
Von dort brach Jesus auf und kam in seine Heimatstadt; seine Jünger folgten ihm nach.
2 Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen?
3 Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm.[1]
4 Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie.
5 Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.
6 Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.
Predigt
(In memoriam Gustav Adolf Beckmann, 23.01.1931 – 23.06.2024)
Liebe Schwestern und Brüder,
es muss ganz in den Anfängen meiner Zeit hier in Herz-Jesu gewesen sein, vor gut 20 Jahren also – da lernte ich ihn kennen: groß, schlank, weiße Haare, weißer Bart – dunkle Hornbrille, wenn ich mich richtig erinnere. Es gab auch damals schon etliche gute Lektor*innen hier in Herz-Jesu, aber er fiel besonders auf – durch sein Aussehen und seine Sprache. Seine bescheidene Art. Wenn er das Wort Gottes vortrug, war das etwas ganz Besonderes – feierlich, heilig, aber auch einladend. Er nahm einen mit auf eine Reise…
Unvergessen ist mir und anderen der Vortrag der Schöpfungsgeschichte in der Osternacht: „Es wurde Abend und es wurde Morgen – der erste Tag“. Er nahm uns mit in dieses wunderbare Gedicht vom Anfang, wie alles entstand. Die Feierlichkeit der Osternacht tat ihr Übriges. „Es wurde Abend und es wurde Morgen…“
Ebenso packend war der Vortrag der Passionserzählungen von Markus, Lukas und Matthäus – am Vorabend von Palmsonntag. Ich hatte die Texte etwas anders zusammengestellt und eingeteilt. Unser Lektor übersah die Lektorenwechsel – und trug dann fast die gesamte Passion allein vor. Es war das Beste, das der Gemeinde und mir passieren konnte. Ein anderer Lektor war ziemlich ungehalten, weil er sich übergangen fühlte – für mich war es ein Ohrenschmaus und eine tiefe geistliche Erfahrung. Ich dachte so bei mir: „Schade, dass der Herr Jesus schon so früh gestorben ist – ich hätte dem Vortrag gern noch weiter zugehört.“
Aber das Wichtigste für mich war seine Unterstützung für die kath. Gehörlosengemeinde. Ich hatte alle Schriftlesungen und Gebete für die Sonn- und Feiertage in eine Einfachere Sprache übertragen, die einerseits einigermaßen gut zu gebärden war, andererseits aber auch im lautsprachlichen Vortrag noch gut klang.
So sind etwa 20 Textbücher entstanden – mit Lesung, Evangelium, Gebeten. Die Erstellung der Texte war viel Arbeit, zog sich über Jahre hin – und ich konnte am Ende den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Ich bin etwas schusselig, was die Rechtschreibung angeht – Fehler fielen mir nicht mehr auf – jedenfalls nicht, bevor die Hefte gedruckt waren.
Ich fragte ganz vorsichtig unseren Professor, ob er bereit wäre, die Texte auf Fehler durchzusehen: in der Rechtschreibung, aber auch in der sprachlichen Gestaltung. Er antwortete genauso vorsichtig, dass er so etwas noch nie gemacht habe. Ich erwiderte ihm, dass ich ihm das zutraue. Ich hätte sonst auch niemanden fragen können.
Dann sah er mich sehr ernst an und sagte mit seinem hintergründigen Humor: „Ich bin ein unbarmherziger Korrektor. Sie müssen mit ehrlichen Rückmeldungen rechnen. Ich nehme da keine Rücksicht auf Ihren Geistlichen Stand.“ „Genau darum bitte ich Sie ja!“ antwortete ich. Eine großartige produktive Zusammenarbeit begann. Es gab kaum eine Seite des Manuskripts, das nicht mit seinen Bleistift-Kommentaren versehen war.
Zu meiner Genugtuung stellte ich fest, dass sich auch nach seiner Korrektur immer noch ein paar kleinere Flüchtigkeitsfehler in der fertigen gedruckten Ausgabe befinden. Auch mein strenger Korrektor war nicht unfehlbar!
Nein, unfehlbar war er nicht. Aber von Herzen demütig. Erst viel später habe ich wahrgenommen, wer er „wissenschaftlich“ war: Professor Dr. Gustav Adolf Beckmann, der Romanistik studierte, Mittellatein und Alt-Anglistik. Er war Ordinarius für Romanistik, historische Linguistik und Mediävistik – Autor zahlreicher Veröffentlichungen vor allem zur altfranzösischen Epik, speziell zu ihrer Vorgeschichte und Onomastik.… Das ist „Namenskunde“.
Als ich Anfang letzten Jahres zur Reha nach Bernkastel aufbrach, besuchte ich ihn. Wir tauschten uns über unsere guten kardiologischen Erfahrungen am Brüderkrankenhaus aus. Er gab er mir zum ersten Mal ein kleines Büchlein seines wissenschaftlichen Wirkens zur Lektüre mit, das er selbst verfasst hatte: „Epischer Renaut alias heiliger Reinoldus im Lichte einer Radiocarbon-Datierung“. Tja. Das ist nun so gar nicht mein Metier…
Als Widmung schrieb er mir hinein: „Gelegentlich regnet es auch in Kurorten. Der Autor“.
Herr Beckmann – so sollte ich ihn nennen, weil es in der Gemeinde Jesu keine Titel gibt – würdigte und korrigierte unsere Texte in einfacher Sprache – weit unter seinem sonstigen sprachlichen Niveau, würde ich sagen… Er tat das mit Demut, Respekt und Hingabe und einer gewissen Neugier. Er hatte Spaß dran, so schien mir, obwohl das nun ganz und gar nicht seine Welt war. Genau deshalb konnte ein Wunder geschehen. Bei den Osternächten mit der Gehörlosengemeinde hat er dann die Texte selbst vorgetragen – in Einfacher Sprache, mit der synchronen Übersetzung in Gebärdensprache.
Das „Wunder der Korrektur“ konnte gelingen – nicht in der Synagoge von Nazareth, aber in der Kath. Gehörlosengemeinde und in der Herz-Jesu-Kirche. Das „Wunder“ wurde möglich, weil er sich selbst und weil wir ihm das Wunder zutrauten – dem Romanistik-Professor und Gelehrten, der sich auf einmal mit Texten in „Einfacher Sprache“ beschäftigte. Das ist es, was ein Wunder braucht: den Glauben und das Zutrauen, dass es möglich ist. Dass es geschehen kann.
Und das hatten die armen Bewohner*innen von Nazareth leider nicht. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass Jesus, einer von ihnen, dessen leibliche Mutter Maria aus Nazareth stammte, eine einfache Frau – dessen Schwestern und Brüder in der Nachbarschaft wohnten, dass so jemand ein Wunder tun könnte. Einer, der auch nicht mehr konnte als sie selbst. Sie konnten ihm das Wunder nicht zutrauen. Schade! Ohne Vertrauen kein Wunder!
Gott hat das Vertrauen in uns, dass wir wunderbare Menschen sind – und dass wir Wunder tun können. Unabhängig davon, ob unser Umfeld uns das zutraut oder nicht.
Manchmal – oder vielleicht sogar oft – zweifeln wir ja selbst an dieser Begabung, die in uns liegt. Dann ist es gut, wenn uns das – von einem Gegenüber- im Auftrag Gottes – nochmal ins Bewusstsein gerufen wird. Dann ist es gut, wenn wir von einem anderen Menschen gesegnet werden. Gesegnet werden heißt: neu hören und spüren, dass wir wunderbare Menschen sind!
Seit einem halben Jahr steht das Segenszelt hier in unserer Kirche. Wir haben es schon des öfteren für Segensfeiern und für den persönlichen Segen genutzt. Allein, dass es da steht, erinnert uns daran, dass wir „Gesegnete“ sind – wunderbare Menschen, die selbst Wunder tun können, weil Gott diese Kraft ins uns legt.
Ich glaube nicht, dass Professor Beckmann das Segenszelt persönlich gesehen hat – ich glaube aber zutiefst, dass er uns bestätigt hätte: „Ja, gehen Sie Ihre Wege – das ist gut und das wird Früchte tragen! Sie tun uns gut!“ Er glaubte an uns, an mich.
Am 23. Juni ist Herr Beckmann zuhause gestorben, im Alter von über 93 Jahren. Er und seine Frau haben an vielen Samstagabenden das Mahl mit uns gefeiert – über die Teilnahme an der Hauskommunion, mit diesem einfachen Gebets-Blatt, in das die Heilige Kommunion eingepackt wird – als Speise und Segen für den Weg. Dafür braucht es keine Goldenen Gefäße – kostbar ist der Inhalt. „Du bist – Ihr seid – gesegnet!“ Das ist die große Zusage, die auch mit der Heiligen Kommunion gemacht wird. Und die bleibt – komme, was kommt.
Von Herzen danke ich Birgit Müller und den anderen, die seit der Corona-Pandemie diesen Segens-Dienst regelmäßig und treu über Jahre hin getan haben. Frau Dr. Timm wäre heute Abend sehr gern zum Gottesdienst gekommen – aber eine Corona-Infektion hält sie zuhause. Sie und ihr Mann haben einen Platz in unserem Gebet.
Liebe Schwestern und Brüder,
wenn wir heute Abend zum Schluss unserer Feier das Angebot zum persönlichen Segen machen, dann geht es nicht nur darum, dass wir im Reisesegen Gott darum bitten, er solle gut auf uns aufpassen – ob wir nun auf Reisen sind oder zuhause.
Wir werden daran erinnert, dass wir wunderbare Menschen sind – die Wunder tun können, ob nun auf Reisen oder zuhause, ob im Kreis der Familie, der Freundinnen und Freunde oder anderswo.
Möge dieser Segen unsere Hoffnung bestärken, der die schwarze Angst bezwingt – und uns neu sehen lehren, dass wir wunderbare Menschen sind. Amen.
Schlussgebet
Gott,
vor uns, hinter uns, neben uns, in uns,
das Heilige Mahl haben wir gefeiert,
dass uns jetzt schon verbindet
mit der kommenden Welt.
Lass uns ein Segen sein füreinander –
Lass uns dem Wunder trauen,
der Kraft, die Du in uns gelegt hast.
Lass uns einander gut tun
auf dem Weg an deinen Tisch des Himmels.
Darum bitten wir, heute und immer,
komme, was kommt. Amen.
Schlussworte
Zuerst ein kurzes Wort in eigener Sache.
Ihr Lieben,
mit diesem heutigen Gottesdienst
beende ich aus gesundheitlichen Gründen
meine Mitarbeit im sredna_team.
Ich kann meine verlässliche Mitarbeit nicht mehr zusagen,
wie sie das Team und das Projekt braucht und verdient.
Das sredna_projekt ist damit nicht gefährdet –
es bleibt lebendig in den kreativen Köpfen
und zupackenden Händen
der weiteren Team_Mitglieder –
wie bisher.
Sie werden nach den Ferien mitteilen,
wer in Zukunft für was verantwortlich ist.
Ich habe mich ab heute nicht mehr fest in den Zelebrantenplan eingetragen. Die Mitbrüder machen mir aber gern die Übernahme eines Dienstes möglich, wenn es für mich passt.
Daher kann es schon mal zu Veränderungen kommen.
Oder Ihr seht mich hier als einfachen Gottesdienst-Teilnehmer,
wie Ihr selbst.
Ich danke für den Vertrauensvorschuss Ihrer- und Eurerseits,
die aktive Mitarbeit und das genießende Interesse
seit der Gründung des Projekts im Jahr 2017.
Alles begann damit,
dass wir für ein paar Wochen die Bänke umgeräumt haben….
Wunderbar, was daraus geworden ist.
Zum Beispiel als letztes: das Segenszelt.
Das Segensteam lädt – wie schon gesagt –
heute ganz bewusst zum persönlichen Segen ein.
- Alle, die in den nächsten Wochen auf Reisen gehen
- Alle, die zuhause bleiben und Reisende in Gedanken begleiten
- Alle, die auf der Reise ihres Lebens Stärkung und Zusage brauchen
- Alle, die nochmal hören und spüren möchten,
dass sie wunderbare Menschen sind und dass sie selbst Wunder tun können.
Die Möglichkeit, einen persönlichen Segen – allein oder gemeinsam – zu empfangen besteht hier vorn am Segenszelt und an der Muttergottesstatue.
Bitten wir nun Gott um Segen für uns alle!
Segen
Gott des Lebens,
für deine Gegenwart danken wir dir –
in der Feuer- und Wolkensäule
auf dem Weg durch die Wüste
in der leuchtenden Wolke
und der Stimme aus dem Himmel
auf dem Berg der Verklärung.
Berühre uns durch Menschen
behutsam und stark.
Sprich durch sie zu uns dein Wort:
Sei gehüllt in Licht,
sei behütet in Zuneigung,
sei gesegnet mit Frieden.
Steh auf,
fürchtet euch nicht,
ich bin da.
GOTT
segne euch und behüte euch
GOTT
hülle euch in Licht und sei euch zugeneigt
GOTT
wende sich euch zu und gebe euch Frieden
Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Lasst uns gehen im Frieden.