Dreieiniger Gott,
es sind so viele in meiner Kirche, die wollen so ganz anders Kirche sein als ich. Manchmal habe ich das Gefühl wir leben auf verschiedenen Planeten mit verschiedenen Sprachen. Ich finde die ziemlich anstrengend und sie finden mich auch ziemlich anstrengend, glaub ich.
Jetzt ist es aber so (ich nehm ja an, Du weißt, was gerade los ist), dass wir gerade eigentlich garkeine Zeit haben uns gegenseitig anstrengend zu finden, weil echt n Haufen zu tun ist… und das kriegen wir nur hin, wenn wir es schaffen zusammen Kirche zu sein. Jetzt wird das nicht gehen, dass das mit den Spannungen aufhört.
Die anderen scheinen mir die geborenen Nervensägen zu sein und dass ich im Leben nicht aufhören werde zu nerven, weißt Du, glaub ich. Und es geht ja im Moment auch so richtig um was, sonst würden wir ja garnicht so viel diskutieren….
Deshalb wollte ich Dich bitten, ob Du nicht vielleicht ein wenig dabei sein kannst, damit es trotz Nerverei geht. Ich hab da jetzt recht schnell an Dich gedacht, weil Du Dich ja als trinitarischer Gott ziemlich gut damit auskennen müsstest Verschiedenheit auszuhalten. Vielleicht bist Du ja auch hin und wieder mal von Dir selbst genervt, wenn der Vater mal wieder den Ober-Chef markiert, der Sohn ständig im Tempel die Biege macht oder der Geist wieder mal weht wo er will. Da Du es ja auch schaffst mit Dir zurechtzukommen, dachte ich, Du könntest uns vielleicht helfen, damit das gut geht mit der Kirche jetzt in dieser Zeit…
Das ist mein Abendgebet, das ich heute vor Dich bringe Gott. Behüte alle Nervensägen, behüte Deine ganze Kirche, lass sie ruhig schlafen, auf dass Morgen neue Kraft da ist es wieder miteinander zu versuchen…
Amen.
(Katharina Scholl, Pfarrerin, Marburg)