Wenn es coronabedingt schon keinen Trierer CSD gibt, dann gibt es wenigstens ein queeres Nachtgebet zum ausgefallenen CSD:
Hier ein paar Eindrücke und Texte – von der Vorbereitung bis zum Dunkelwerden….
Ihr lieben Menschen,
schön, dass Ihr heute Abend gekommen seid.
Trotz Corona, trotz Schutzkonzept –
obwohl der Queer-Garten noch geöffnet hat,
und viele andere Lokalitäten…
Morgen hätte der Trierer CSD stattfinden sollen,
und nachdem wir im letzten Jahr
zum ersten Mal ein Nachtgebet
am Abend vorher angeboten haben,
wollten wir das in diesem Jahr auch wieder tun.
Nachdem der CSD abgesagt wurde,
haben wir gesagt:
Beten können wir trotzdem.
Und ein Angebot zur Begegnung machen –
unter den mittlerweile üblichen Bedingungen.
Wir sind in einer zerbrechlichen Normalität angekommen.
Wie zerbrechlich sie ist,
sehen wir gerade in einigen luxemburgischen Hotspots.
Soll niemand sagen, dass das bei uns unmöglich wäre.
SORGT EUCH NICHT –
haben wir dieses Nacht-Gebet überschrieben
und damit einen Vers aus dem Matthäus-Evangelium zitiert.
SORGT EUCH NICHT.
Leichter gesagt als getan.
Wir versuchen heute Abend verschiedene Zugänge.
Durch die Musik:
Gabriel Moll wird im Laufe des Gebetes 4 Stücke von Franz Liszt spielen – aus der Reihe „Consolations – Tröstungen“.
Durch Worte – aus dem Matthäusevangelium, von uns selbst und von dem Lyriker Stefan George und von uns selbst.
Durch unser Tun… das verraten wir jetzt noch nicht.
Vergegenwärtigen wir uns,
dass wir heute Abend in der Gegenwart des lebendigen Gottes zusammen sind – des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Beginnen wir mit der Musik „Tröstungen“ von Franz Liszt.
Evangelium Mt 6,25-34
Sorgt euch nicht um euer Leben
und darum, dass ihr etwas zu essen habt,
noch um euren Leib und darum,
dass ihr etwas anzuziehen habt.
Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung
und der Leib wichtiger als die Kleidung?
Seht euch die Vögel des Himmels an:
Sie säen nicht, sie ernten nicht
und sammeln keine Vorräte in Scheunen;
euer himmlischer Vater ernährt sie.
Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
Wer von euch kann mit all seiner Sorge
sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?
Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung?
Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen:
Sie arbeiten nicht und spinnen nicht.
Doch ich sage euch:
Selbst Salomo war in all seiner Pracht
nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet,
das heute auf dem Feld steht
und morgen ins Feuer geworfen wird,
wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!
Macht euch also keine Sorgen
und fragt nicht: Was sollen wir essen?
Was sollen wir trinken?
Was sollen wir anziehen?
Denn um all das geht es denen, die nicht an Gott glauben.
Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.
Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen;
dann wird euch alles andere dazugegeben.
Sorgt euch also nicht um morgen;
denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.
Jeder Tag hat genug eigene Plage.
Impuls 1 (Beate Heß)
Machen sich Vögel Sorgen?
Das habe ich nicht gefragt als ich vor ein paar Tagen am Fenster stand und mal wieder die Vögel beobachtet habe. Wenn ich in den Bibeltext schaue wohl eher nicht. Da klingt es so als müssten sie gar nichts tun. So als würde ihn das Futter ganz von selbst in den Schnabel fliegen.
Wenn man den Vögeln aber ein wenig zuschaut ist natürlich klar dass sie eine ganze Menge tun müssen. Sie sind im Grunde den ganzen Tag damit beschäftigt Futter zu suchen um sich selbst und ihren Nachwuchs zu versorgen.
Einfach gar nichts tun ist also wohl nicht gemeint in dem Mathäus Text.
Aber das beantwortet auch nicht die Frage ob sie sich Sorgen machen, darum ob es in Zukunft auch noch genug Futter geben wird. Nun bin ich keine Vogelexperten, und kann diese Frage auch nicht beantworten. Ich weiß nur dass die Tiere in Stress geraten wenn es nicht genug Futter gibt. Aber auch das ist nicht dasselbe wie Sorgen machen.
Wir Menschen sind in jedem Fall in der Lage uns Sorgen zu machen, manche mehr manche weniger. Wir sorgen uns um ganz private Dinge, kleinere oder größere Probleme. Und es gibt auch so etwas wie kollektive Sorgen wie zum Beispiel die Pandemie die wir gerade haben. Eine Situation in der sich viele Menschen die gleichen oder doch sehr ähnliche Sorgen machen.
Aber was tun mit diesen Sorgen, wie er sich verhalten. Wenn wir noch mal an die Vögel zurückdenken ist für uns nichts tun wohl auch keine Option. Verdrängung funktioniert auch nur eine gewisse Zeit.
Wir müssen unser Leben ein Stück weit planen, soweit das möglich ist. Wir müssen uns in irgendeiner Form um unseren Lebensunterhalt kümmern.
Denn soweit mir bekannt ist gibt es nicht so etwas wie eine Art göttlichen Lieferservice, der einmal die Woche vor der Tür steht und alles lebensnotwendige quasi Frei Haus liefert.
Was also tun, wie damit umgehen? Auf den ersten Blick fordert uns der Text auf uns gar keine Sorgen zu machen um all diese alltäglichen und doch so lebensnotwendigen Dinge.
Ist das überhaupt möglich das Menschen sich keine Sorgen machen? Ich glaube bis auf wenige Ausnahmen wohl eher nicht.
Was also bringt uns der Text, kann er uns irgendwie helfen?
Ich glaube es sind insbesondere zwei Punkte die uns eine Hilfe, ein Wegweiser sein können.
Da ist zum einen Der Vers 27: „Wer aber ist unter euch, der seiner Lebenslänge auch nur eine Elle zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“
Wie sehr wir uns auch Sorgen, wie sehr wir uns auch bemühen, es ändert nichts an den Dingen die uns bevorstehenden, an dem Problem dass uns beschäftigt, es zaubert auch kein Virus aus der Welt. Und ganz sicher können wir unser Leben damit nicht verlängern. Die ständige Sorge würde wohl eher das Gegenteil bewirken.
Ich denke der Vers ruft uns auf, unser Leben nicht von der unseren Sorge dominieren zu lassen. Unser handeln nicht von Sorgen und Ängsten leiten zu lassen, die nichts wirklich verändern oder gar besser machen, sondern nur bewirken dass es uns schon im Voraus schlechter geht.
Wenn wir unsere Sorgen zu stark oder gar übermächtig werden lassen, bringt uns das keinen Vorteil im Gegenteil es lähmt uns
Und hier kommt dann der zweite Teil ins Spiel, der Vers 33: „trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zu fallen.“
Es geht darum die richtigen Prioritäten setzen. Nicht unsere Sorgen und Nöte zuerst. Der Text fordert uns auf zu einem gewissen Maß an Grundvertrauen. Das Vertrauen dass Gott, wie es heißt, weiß dass was wir all das brauchen.
Das ist wie gesagt keine Anleitung zum nichts tun. Auch kein Versprechen dass immer alles gut wird. Denn das haben wir wohl alle schon erfahren, dass eben nicht immer alles gut wird.
Aber das, wenn wir das uns mögliche tun, Gott an unserer Seite ist. Dass er um unsere Sorgen und Bedürfnisse weiß. Das es am Ende einen Weg gibt, bei dem wir vielleicht nicht immer das bekommen was wir wollen oder uns wünschen aber doch das was wir wirklich brauchen. Das glaube ich jedenfalls.
Beim Sredna Betphon stehen die Lesungen der nächsten Wochen unter dem Motto Sommer der Befreiung. Es sind Lesungen aus dem Mathäus Evangelium. Obwohl wir ganz unabhängig davon diesen Text ausgesucht haben, war es dann doch genau das Thema das ich am Ende in diesen Versen gefunden habe.
Eine Einladung Gottes zum Vertrauen, eine Einladung uns befreien zu lassen von der Last die unsere Sorgen für uns sein können.
Eine Einladung Gottes:
zur Befreiung durch Vertrauen.
Anleitung zum Genießen (Dirk Kranz)
Liebe Menschen!
„Bedeutet das Leben nicht mehr als Essen und Trinken?“, so
hieß es eben – sinngemäß – im 6. Kapitel des Markus-
Evangeliums. So mancher Christenmensch nutzt derartige
Bibelverse, um damit seine oder ihre Verzichtsorientierung
oder gar Genussfeindlichkeit zu rechtfertigen. Wie kommen
diese griesgrämigen und sauertöpfischen Zeitgenoss*innen
wohl damit klar, dass Jesus sich selbst als „Fresser und
Weinsäufer“ (Lukas 7,34) bezeichnete und sich so ganz
bewusst vom Asketen Johannes, dem Täufer, abgrenzte?
Etwas vornehmer ausgedrückt: Jesus war anscheinend
durchaus ein Genuss-Mensch.
Der Genuss, die sinnen-volle Freude im Hier und Jetzt, steht
der ängstlichen Sorge um das Morgen gegenüber. Genuss ist
eine Fähigkeit, die manchen Menschen im Laufe ihres Lebens
abhanden gekommen ist. Depression – eine der häufigsten
Krankheiten unserer Zeit – wird unter anderem durch
Genussunfähigkeit charakterisiert. Und da liegt es auf der
Hand, dass eine therapeutische Maßnahme im Genusstraining
besteht. Ja, genießen kann man lernen (oder wieder lernen).
Für ein Genusstraining muss man natürlich keine Depression
vorweisen; das Genusstraining macht auch ohne
Vorerkrankung Spaß. Ich will Euch ein paar Prinzipien
nahebringen.
Natürlich mit Genuss. Ihr habt einen kleinen Teller erhalten mit
ganz einfachen Lebensmitteln: Ein Stück Brot, ein Stück Käse,
Trauben, Tomaten und Paprika. Wir haben bei der
Zubereitung sehr auf Hygiene geachtet, habt also keine Angst.
Habt Freude am Genuss. Guten Appetit! (Gabriel, magst Du
ein paar Takte Salonmusik spielen?).
Nehmt Euch ein paar Minuten Zeit. Esst langsam. Wie
schmeckt’s Euch? Was schmeckt Ihr? Schmeckt’s süß, sauer,
salzig, bitter? Oder umami? Umami-Geschmacksrezeptoren
auf der Zunge hat man erst in jüngster Zeit entdeckt, obwohl
man im Japanischen schon lange einen Namen dafür hat:
Umami heißt kräftig, würzig, wild. Typischerweise schmecken
fermentierte Sojasauce oder luftgetrockneter Schinken umami.
Aber auch ein Käse hat Umami-Noten.
Vielleicht würdet Ihr ganz andere Geschmacksbezeichnungen
gebrauchen: Schmeckt’s rund oder kantig, rau oder samtig?
Schmeckt’s hell oder dunkel, leise oder laut? Vielleicht habt Ihr
schöne Erinnerungen an ein solch einfaches Mahl. Etwa bei
einer Rast auf einer Wanderung oder bei einem Picknick im
Park? Wen könntet Ihr demnächst einmal zu Brot und Käse
einladen? Vielleicht mit einem schmackhaften Olivenöl, Pfeffer
und Salz, dazu ein guter Wein…
Lasst Euch Zeit und esst langsam. Ein erstes Prinzip des
Genusstrainings lautet dementsprechend
Genuss braucht Zeit
Genuss hat mit Entspannung zu tun und funktioniert nicht von
einer Sekunde auf die andere, mitten in der Hektik des Alltags.
Um genießen zu können, müsst Ihr Euch bewusst Zeit für
Eure Genussmomente nehmen.
Prinzip 2: Genuss geht nicht nebenbei
Genuss braucht nicht nur Zeit. Genuss braucht auch Eure
Aufmerksamkeit. Konzentriert Euch zumindest für einige
Minuten nur auf das, was Euch Genuss bereitet, z.B. den Duft
einer Rose oder der Gesang der Amsel.
Prinzip 3: Genuss muss erlaubt sein.
Nicht jeder Mensch hat gelernt, genießen zu dürfen. Wo diese
Welt nur Sündenpfuhl oder Jammertal ist, kann keine
Sinnesfreude aufkommen. Wer in einem Umfeld lebt, wo
Konkurrenz und Leistungsdruck herrschen, muss vielleicht
wieder lernen, dass er oder sie genießen darf.
Prinzip 4: Wissen, was einem gut tut
Jeder Mensch hat seine ganz eigenen Vorlieben. Für den
einen ist es sonntags lang zu schlafen, für die andere,
sonntags in aller Früh joggen zu gehen. Findet heraus, was
Eure persönlichen Genussmomente sind, und lebt diese aus –
auch wenn andere die Nase rümpfen.
Prinzip 5: Weniger ist mehr
Vieles können wir erst schätzen, wenn wir es nicht jeden Tag
haben. Wenn Ihr jeden Nachmittag ein Stück Torte esst, ist es
lange nicht so etwas Besonderes, als wenn Ihr das einmal in
der Woche tut. Gönnt Euch jeden Tag mindestens einen
Genussmoment, aber achtet darauf, dass das etwas
Besonderes für Euch ist.
Prinzip 6: Ohne Erfahrung kein Genuss
Werdet zu Spezialisten in dem Gebiet, das Euch Genuss
bereitet. Darjeeling-Tees oder Riesling-Weine sind so
vielfältig. Schmeckt die feinen Unterschiede! Denn Genuss hat
immer etwas mit Erfahrung zu tun: Je genauer Ihr zwischen
unterschiedlichen Sinneseindrücken unterscheiden könnt,
desto eher könnt Ihr das für Euch Besondere genießen.
Das letzte Prinzip Nr. 7: Genuss ist alltäglich
Wartet mit dem Genießen nicht, bis Ihr Urlaub habt oder bis
die Jahresbilanz abgeschlossen ist. Nehmt Euch immer
wieder Zeit zum Genießen. Wie wär’s mit einem heißen
Vollbad mit Kiefernextrakten? Plant den Genuss in Euren
Alltag ein. Lasst Euch die Zeit, die nur Euch gehört, nicht
stehlen.