NIE WIEDER IST JETZT. Predigt zum Valerius-Fest am 27. Januar

Hl. Valerius über dem Portal der Valeriuskirche.
Quelle: Website Pfarrei St. Matthias

VALERIUSFEST 2024

EVANGELIUM

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.

21In Kafárnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge
und lehrte.
22Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre;
denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat,
nicht wie die Schriftgelehrten.
23In ihrer Synagoge war ein Mensch,
der von einem unreinen Geist besessen war.
Der begann zu schreien:
24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret?
Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?
Ich weiß, wer du bist:
der Heilige Gottes.
25Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn!
26Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her
und verließ ihn mit lautem Geschrei.
27Da erschraken alle
und einer fragte den andern: Was ist das?
Eine neue Lehre mit Vollmacht:
Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl.
28Und sein Ruf
verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

PREDIGT

Liebe Schwestern und Brüder,

was wäre das für ein Wunder: In all dem Chaos, indem wir uns befinden – in das wir geschlittert sind und in das wir uns selbst gebracht haben über die letzten Jahre und Jahrzehnte – wenn morgen jemand auftreten würde, von dem wir sagen könnten: Wir sind voll Staunen über das, was er sagt – denn er lehrt wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. Vollmacht – also die Macht, dass aus Worten Taten werden. Das wäre es! Ein Messias.

Und hier ist schon das erste Problem: Es reicht nicht, wenn EIN Messias kommt und redet. Es muss schon DER Messias sein. Der Richtige. Der Echte. Der von Gott kommt.

Aber wie wollen wir ihn erkennen? Die Vorstellungen gehen weit auseinander. Für die einen soll er Recht und Ordnung bringen, die Grenzen dicht machen, damit wir hier ungestört unseren Wohlstand genießen können – ohne zu viele Verluste… Für die anderen öffnet er die Grenzen für die Hilfsbedürftigen, die Schutzsuchenden, führt in eine bunte, zukunftsgewandte Gesellschaft. Für die einen muss er den Islam zurückdrängen – für die anderen eine Weite schaffen, in der Religion die Menschen nicht mehr knechtet.

Also: Wer und wie ist DER Messias?

In der Synagoge von Nazareth – vertreibt er einen unreinen Geist, der einen Menschen gefangen hält. Der unreine Geist – und das ist verwunderlich – legt ein Bekenntnis zu DEM Messias ab: „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen, Jesus von Nazareth? Ich weiß, wer du bist: Der Heilige Gottes!“

Soweit sind die Jünger*innen und die Umstehenden noch nicht. Sie staunen zwar – aber, wie gerade Markus in seinem Evangelium erzählt, brauchen die Jünger*innen viel Zeit, um zu verstehen, wer Jesus war. Noch nicht mal nach seiner Auferstehung war das so ganz eindeutig… Da war der „Unreine Geist“ in der Synagoge deutlich schneller.

Rein – unrein.

Das war ein zentrales Thema des Judentums. Rein und heilig gehörten zusammen: Reinheit war die Voraussetzung für die Begegnung mit Heiligen. Ursprünglich vor allem für die Priester und Tempeldiener gedacht, wurden sie auf das ganze Volk ausgedehnt.

Jesus setzte sich über diese Vorschriften oft hinweg. Für ihn macht den Menschen nicht unrein, was außen ist – sondern was sein Herz erfüllt, sein Inneres.

Damit stellte er sich auf die Seite seiner Landsleute in Galiläa, die oft nicht so gebildet waren, die die vielen Gebote nicht so kannten – und schon gar nicht im Alltag beherzigen konnten. Sie hatten keine Chance auf einen gesetzeskonformen Zugang zu Gott. Sie waren auf die Dienste der Priester, Schriftgelehrten und Gesetzeslehrer angewiesen.

Die Christ*innen, die aus dem Judentum kamen, hielten sich an die Vorschriften. Menschen aus anderen Religionen, die zum Glauben an Jesus fanden, hatten dafür kein Verständnis. Auf dem Apostelkonzil in Jerusalem setzte sich Paulus durch: nur ganz wenige Bestimmungen waren einzuhalten.

Rein – unrein. Sündig – rein. Würdig – unwürdig.
In der Geschichte unserer Kirche haben diese Begriffe für viel Unheil und Leid gesorgt, weil gerade die Theologen und Kleriker den Menschen schwere Lasten aufbürdeten, vor allem, seit Konstantin, als das Christentum Staatsreligion geworden war. Da ließen sie oft ihre Moralvorstellungen durch den Staat durchsetzen. Kirchenleute konnten der Versuchung der Machtausübung nicht widerstehen.

Wenn wir die Heilige Messe wörtlich so feiern würden, wie sie im Messbuch steht, dann würden wir 8x mal unsere Schuld bekennen und Gott um Vergebung und Reinheit bitten, dass wir die Heilige Kommunion im Stand der Gnade empfangen:

Sie glauben es nicht?

Im Allgemeinen Schuldbekenntnis
Da gibt es dann anschließend die Vergebungsbitte – aber die hält nicht lange
Im Herr, erbarme dich
Der Priester betet vor dem Evangelium: „Reinige mein Herz und meine Lippen, damit ich dein Evangelium würdig verkünde“
Beim Kuss des Evangelienbuches betet der Priester wieder „Herr, durch dein Evangelium nimm hinweg unsere Sünden“.
Bei der Händewaschung gehts weiter: „Herr, wasche ab meine Schuld und von meinen Sünden mache mich rein“
Beim Friedensgruß: „Herr Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden“
ImAgnus Dei: „Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser“
Und dann nochmal bei der Kommunion: „Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach…“ Dann ist die Kommunion hoffentlich sicher geschafft, im Stand der Gnade.
8x Mal geht es um Sünden, um Unreinheit.  Da sind die Nennungen in den wechselnden Gebeten und Hochgebeten noch nicht eingeschlossen. Ich glaube wirklich, dass unsere Kirche in Theologie und Liturgie da ein Problem hat….

Ist die Frage nach „Rein/unrein“ heute wirklich unsere größte Sorge?
Sind es nicht andere „böse Geister“, die ihr Unwesen treiben, uns bestimmen und möglicherweise sorgar von uns ausgehen?

Wir müssen diese Fragen für uns heute beantworten. Wofür steht DER Messias, den wir aus der Heiligen Schrift kennen und an den wir glauben? Was fordert er von uns? Was sind Gedanken, die uns – von innen her – verunreinigen können? Und was können wir dagegen tun?

Quelle: lokalo.de

Ich will jetzt nicht über die Menschen reden, die für ihre persönlichen Interessen auf die Straßen gehen oder unser Land lahm legen… ich will mich nicht auf Diskussionen einlassen, ob die Bauern recht haben oder die Lokführer, ob nicht eigentlich die Krankenschwestern „Rabbaz“ machen müssten… Ich kann da den Einsatz für persönliche Interessen erkennen – gegen eine subjektiv erlebte Ungerechtigkeit. Aber ihre Gedanken wirken auf mich nicht böse und verdorben.

NIE WIEDER IST JETZT.

Viel schlimmer und gefährlicher sind die, die böse Gedanken haben – Gedanken von Hass, von Ausbürgerung, von Reinigung des deutschen Blutes,  vom Ausschluss derer, die auf Hilfe angewiesen sind. Das sind doch Begriffe, die wir hinter uns liegen sahen… nein, sie sind da, bewohnen Herzen – und richten großes Unheil an. Sie treiben Menschen zu den Wahlurnen und lassen sie Parteien mit NAZI-Gedanken wählen – wie 1933. Das Dritte Reich ist ja nicht vom Himmel gefallen – es ist in Herzen und Seelen gewachsen!

Quelle: lokalo.de

Es scheinen aber mehr und mehr Menschen zu erwachen: NIE WIEDER haben unsere Großväter und -mütter nach der Katastrophe des 2. Weltkriegs gesagt und gebetet – und schon schlittern wir wieder in die Richtung dieses Gedankengutes, das Millionen Leben gekostet hat – weltweit. DAS ist UNREIN, GEFÄHRLICH; TÖDLICH – auch wenn ihre Vertreter*innen im Namen des Christentums auftreten.

Liebe Schwestern und Brüder,

morgen ist eine große Demo an der Porta Nigra. Das Bündnis „Buntes Trier“ ruft dazu auf. Der Pastorale Raum Trier ist bei den Mitveranstalter*innen.
NIE WIEDER IST JETZT!

Ich gehe hin, wenn meine Gesundheit es zulässt.  Da werden Menschen sein, die ich nicht unbedingt mag – sie werden Sachen sagen, Parolen rufen, denen ich nicht oder nicht 100% zustimmen kann. Aber sie versammeln sich unter einer großen Vision für unser Land, die ich teile: ein freies, demokratisches, buntes, solidarisches, inklusives Deutschland, mitten in Europa und eine freie, demokratische, bunte, solidarische, inklusive  Gesellschaft.

Quelle: lokalo.de

Die Kirche hatte sich seit Konstantin daran gewöhnt, dass Thron und Altar, weltliche und geistliche Macht miteinander im Bett lagen und gemeinsame Sache machten. Die Zeiten sind gottseidank vorbei. Die Kirche muss wieder in die Reihe – zusammen mit anderen. Sie muss für ihre Anliegen werben, sie kann ihre Moral nicht mehr einfach von oben nach unten „durchsetzen“, mit dem verlängerten Arm des Staates. So ähnlich, wie in der Zeit von Valerius und DAVOR gewesen ist.

Dieser Platz tut ihr gut. Denn von da aus kann sie besser – mit Jesus – den Dämonen unserer Zeit drohen: „Schweigt und verlasst sie, uns!“ Damit wird sie ein Segen sein!

Wo wäre der Heilige Valerius morgen Nachmittag und seine Christengemeinde? Wo sind wir?

Quelle: lokalo.de

Fürbitten

 

Allmächtiger Gott,
unsere Bitten wiederholen sich – Samstag für Samstag,
ohne dass sie für uns etwas wahrnehmbar ändert.
Dennoch halten wir uns Herz offen.

Für die Menschen in der Ukraine
Für die Opfer des Terrors durch die Hamas in Israel und dem Gazastreifen.
Für alle, deren Leben durch Panzer, Bomben und Drohnen bedroht ist.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

Für alle, die für die Rechte von arbeitenden Menschen kämpfen
Für alle, die schwierige Kompromisse aushandeln müssen
Für alle, die trotz der Schwierigkeiten die Geduld bewahren.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

 Für im Holocaust Ermordeten, für alle, die niemand mehr beweinen konnte,
für Menschen jüdischen Glaubens in Israel, weltweit, bei uns,
die wegen ihres Glaubens und ihrer kulturellen Identität schlimme Gewalterfahrungen machen müssen
Für alle, die heute wegschauen und schweigen.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

Für eine offene Gesellschaft in Deutschland, mitten in Europa – und in allen Ländern der Gemeinschaft:
Ohne Fremdenhass, demokratisch, solidarisch, bunt.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

 Für alle, die bis heute von seelischen und körperlichen Verletzungen durch Priester, Bischöfe und Kirchenleute aus debn christlichen Kirchen gezeichnet sind.
Für die Überlebenden, die weiter tapfer ihre Stimme erheben.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

 Für die Gemeinde in und um diese Valeriuskirche,
für die Menschen, die hier in Feyen-Weismark wohnen.
Für alle, die uns im Glauben vorausgegangen sind.

Kyrie, eleison! Kyrie, eleison!

 Alle: Jesus Christus, Heiland und Erlöser,
erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
Gedenke deiner Christenheit und führe zusammen,
was getrennt ist. Amen.

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