DAS NIEDRIGE HAT GOTT ERWÄHLT. 3. Sonntag in der Osterzeit – 13. April 2024


Lesung

Lesung aus dem 1. Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Korinth.

Seht doch auf eure Berufung,
Brüder und Schwestern!

Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn,
nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme,
sondern das Törichte in der Welt
hat Gott erwählt,
um die Weisen zuschanden zu machen,
und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt,
um das Starke zuschanden zu machen.

Und das Niedrige in der Welt
und das Verachtete
hat Gott erwählt:
das, was nichts ist,
um das, was etwas ist,
zu vernichten,
damit kein Mensch
sich rühmen kann vor Gott.

Von ihm her seid ihr in Christus Jesus,
den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat,
zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung.

1 Kor 1,26-30

Evangelium

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.

Die beiden Jünger, die von Emmaus zurückgekehrt waren,
erzählten den Elf und die mit ihnen versammelt waren,
was sie unterwegs erlebt
und wie sie Jesus erkannt hatten,
als er das Brot brach.
Während sie noch darüber redeten,

trat er selbst in ihre Mitte
und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
Sie erschraken und hatten große Angst,
denn sie meinten, einen Geist zu sehen.
Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt?
Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen?
Seht meine Hände und meine Füße an:
Ich bin es selbst.
Fasst mich doch an und begreift:
Kein Geist hat Fleisch und Knochen,

wie ihr es bei mir seht.
Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße.
Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten
und sich verwunderten,
sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier?
Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch;
er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Dann sagte er zu ihnen:

Das sind meine Worte,
die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war:
Alles muss in Erfüllung gehen,
was im Gesetz des Mose,
bei den Propheten und in den Psalmen
über mich geschrieben steht.
Darauf öffnete er ihren Sinn
für das Verständnis der Schriften.
Er sagte zu ihnen: So steht es geschrieben:
Der Christus wird leiden
und am dritten Tag von den Toten auferstehen
und in seinem Namen
wird man allen Völkern Umkehr verkünden,
damit ihre Sünden vergeben werden.
Angefangen in Jerusalem,
seid ihr Zeug*innen dafür.

Predigt

Verehrte Schwester und Brüder,
Freund*innen Jesu,
Kinder Gottes!

Das Evangelium, das wir gerade gehört haben, passt eigentlich nicht so recht die Reihe der Osterevangelien in diesem Jahr – es ist nicht aus dem Johannes-Evangelium, das wir meistens in der Zeit von Ostern bis Pfingsten lesen – es ist auch nicht aus dem Markus-Evangelium, das in diesem Jahr dran ist und das uns in der Osternacht inspiriert hat. Es ist ein Abschnitt aus dem Lukas-Evangelium – die Fortsetzung von Emmaus sozusagen, kein spektakulärer Text. Und ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum wir den heute lesen.

Trotzdem: es ist natürlich ein Osterevangelium – eine Geschichte der von der Begegnung des Auferstandenen mit seinen Jünger*innen – der von Zweifel und Hoffnung geprägt ist, von ungläubiger Furcht und von Freude. Er endet mit der großen Zusage: Ihr seid meine Zeuginnen und Zeugen.

Die Geschichte wirft die entscheidende Fragen auf, die auch uns beschäftigen könnte und beschäftigen sollte: ist Jesus auch in unserer Mitte? Sind auch wir – in der Nachfolge der ersten Jünger*innen – seine Zeuginnen und Zeugen? Leben wir unseren Auftrag, unseren Ruf, unsere Berufung?

Wie lässt sich Jesus denn erkennen? Woran lässt sich erkennen, dass er in unserer Mitte ist?

Jesus selbst gibt uns 3 Kriterien:

  • Er begrüßt die Seinen mit dem alttäglichen Grüß: Friede mit Euch. Hallo. Guten Abend. Aber auch: Ich wünsche Euch unendliches Wohlergehen und Glück. Das alles kann darin stecken. Er nimmt mit den Seinen Kontakt auf.
  • Jesus zeigt ihnen Hände und Füße: er ist der, der er vorher war, der gelitten hat, gedemütigt, ja sogar getötet wurde. An seinen Wundmalen ist seine Geschichte abzulesen. Sein Weg. Seine Entscheidung. Seine Bereitschaft, dafür einzutreten. Seine Liebe – zu Gott, den er ABBA nennt und zu uns – und allen Menschen.
    Er ist eben kein Superstar und kein unbefleckter Engel. Er trägt die Narben seines Leidens und seines Sterbens.
  • Jesus isst und trinkt. Auch der Auferstandene ist nicht eine Idee, irgendwas Geistiges. Er ist nicht nur ein Licht, das Menschen aufgeht – nicht nur eine Hoffnung, er zeigt sich in ganz menschlichen Vollzügen – im Essen und Trinken. Und hier geht es nicht um das Eucharistische Mahl mit Brot und Wein, sondern einfach nur um ein Stück gebratenen Fisch, alltägliches Essen also.

Nochmal die 2 Fragen, die das Evangelium stellt: ist Jesus in unserer Mitte und sind wir seine Zeuginnen und Zeugen?

Eine Antwort auf diese Fragen habe ich – ganz unerwartet und auch erst im Nachdenken – in unserer Feier des Gründonnerstags gefunden. Anders als ich es mir vorgestellt hatte, war über 60 Menschen zum Gottesdienst gekommen. Viele kamen NICHT mit leeren Händen – sie hatten, nach unserer Einladung, Lebensmittel mitgebracht, die sie nicht mehr brauchten oder wollten. Sie hatten ihre Vorratskammern durchstöbert, das ein oder andere gefunden, wo die Haltbarkeit möglicherweise abgelaufen ist, was sie nicht gebraucht oder verbraucht haben – ein Geschenk vielleicht, das gut gemeint war, aber das nicht den Geschmack der Beschenkten traf.

Diese Lebensmittel füllten zusätzlich die großartige Tafel in der Mitte der Kirche – die ausschließlich von geretteten Lebensmitteln gefüllt war – von dem, was in Trier abends so übrig alles bleibt, was nicht mehr verkaufbar ist… und was ein fleißiges und engagiertes Team Abend für Abend einsammelt. Sie lagern es dann in unserem Fair-Teiler-Schrank, draußen vor der Kirche.

Wer die Tafel gesehen hat, wird sie nicht vergessen: Mit Würde und Liebe und Freude und Dankbarkeit haben sredna-Teamerinnen alles zubereitet und dargeboten. Eine Augenweide! So ähnlich stelle ich mir das festliche Mahl vor, das der Prophet Jesaja herbei schreibt für das Ende der Zeiten.

Und dann wurde es ein Fest: das Weggeworfene, Nicht-Beachtete, Wertlose in den Augen unserer Wegwerfgesellschaft wurde nicht nur gegessen und getrunken, sondern mit Genuss und Freude verkostet. Mit Neugier und vielleicht auch mal ein bisschen Vorsicht, mit ungläubigem Staunen – und dann am mit Begeisterung und Dankbarkeit. Ein unvergessliches Abendmahl.

Für mich war der Höhepunkt, dass auch die Eucharistischen Gaben von Brot und Wein aus geretteten Lebensmitteln bestand: aus abgelaufenem Toast-Brot und einer Flasche kroatischem Likörwein – aus meinem eigenen Keller, an dessen Herkunft ich mich nicht mehr erinnern kann. Wir hatten alles vorgekostet und waren uns einig: ja, diese Gaben sind würdig und recht für die Feier der Eucharistie.

Und auf einmal ereignete sich das, was Paulus der Gemeinde in Korinth gleich im 1. Kapitel ins Stammbuch schreibt, als er sie an ihre Berufung erinnert:

Das Niedrige in der Welt
und das Verachtete hat Gott erwählt:
das, was nichts ist,
um das, was etwas ist, zu vernichten…

Von ihm her seid ihr in Christus Jesus,
den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat,
zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung.

Das Mahl mit den geretteten und verworfenen Lebensmitteln wurde zum Symbol zum Sakrament unserer Zugehörigkeit zum auferstandenen Christus.

Ist Christus in unserer Mitte –
und leben wir unsere Berufung?
Ich glaube: JA. Er lebt in unserer Mitte – in Wort und Sakrament. Er ist die Mitte, das Haupt seines Leibes, der wir selbst sind.
Er lebt in unserer Mitte, wenn wir der völlig anderen Weisheit Gottes glauben, dass Gott das Niedrige und Wertlose erwählt hat, um das Starke und Selbstbezogene zu überwinden.

Das bezieht sich ja sogar auf die Rettung seines eigenen Sohnes: erholt den aus dem Tod, der bis in seinem Tod am Kreuz hinein gedemütigt und verachtet wurde.

Der Vers aus dem Psalm 118 wurde seit den Anfängen auf Christus gedeutet: Der Stein, den die Bauleute verworfen, ist zum Eckstein geworden.

Christus lebt in unserer Mitte, wenn wir in seinem Geist den Verletzten und Verwundeten, denen, die von Leid gezeichnet sind, einen Platz geben – denen, die nicht sind und nicht gesehen werden.

Er lebt in unserer Mitte, wenn wir in seinem Geist essen und trinken – und Mahl halten, auch das Mahl seiner Gegenwart, aber nicht nur das – auch das Mahl, das den Leib nährt und das Herz.

Er lebt in unserer Mitte, wenn wir zwischen uns den Frieden erahnen und ihm Raum geben – am Fair-Teiler-Schrank und am Altar.

Verehrte Schwester und Brüder,
Freund*innen Jesu,
Kinder Gottes!

Christus ist in unserer Mitte, heute Abend – immer.
Wir können seine Zeuginnen und Zeugen sein.
Halleluja!

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