Evangelium – Predigt (RS)
Predigt
„Lieber Einbrecher!
In diesem Haus ist nichts zu holen. Hier wohnen nur 2 alte Frauen. Wir haben kein Bargeld, kein Tafelsilber und keinen Schmuck. Machen Sie bitte nicht Türen und Fenster kaputt. Dann müssen wir die Handwerker holen und das bringt uns viel Aufregung und Ärger! Wir bitten um Ihr Verständnis.
Ihre Ingeborg Dengel und Mutter.“
Ingeborg Dengel war meine Englischlehrerin. Sie war unverheiratet und wohnte mit ihrer Mutter in Oberbreisig, in einem schönen kleinen Haus mit hübschem Vorgarten. Den Willkommensgruß für den Einbrecher hatte sie am Küchenfenster links neben der Haustür befestigt. Im Grunde glaubte sie – etwas altmodisch – an das Gute im Menschen, auch im Einbrecher.
Andererseits hatte sie allem Bösen Ihren erbitterten Kampf angesagt: „Keiner macht Tierstimmen in meinem Unterricht. Ich habe einen Rechtsanwalt. Ich gehe vor Gericht und gewinne den Prozess! Also: Keine Tierstimmen in meinem Unterricht!“ Es war die Zeit, als zum Beispiel der langweilige Geschichtsunterricht durch lautes „Muhen“ gestört wurde und den armen Kollegen Rohrbach völlig aus dem Gleichgewicht brauchte. Das Böse gab es auch schon 1972 in der Staatlichen Realschule Remagen.
Zurück zu Fräulein Dengel. Auf das „Fräulein“ legte sie wert. Sie hatte dem Einbrecher deutlich gemacht, dass es bei ihr und ihrer Mutter nichts zu holen gab. Sie lag wahrscheinlich nicht jede Nacht auf der Lauer. Die Lampen ließ sie aber sicher brennen – dann konnten sich die Diebe schon mal ein Bild von der Sinnlosigkeit eines Einbruchs verschaffen. Diese Möbel und die selbstgehäkelten Tischdeckchen wollte wahrscheinlich niemand. In der Nachbarschaft gab es mehr zu holen.
Was sie mit ihrem Verdienst und der Pension der Mutter angestellt hat, ob sie Almosen gab statt Besitz aufzuhäufen, weiß ich nicht. Ihr Herz hing schon irgendwie an uns, wir waren ihr Schatz, die Schülerinnen und Schüler. Sie unterrichtete nicht nur Englisch, sondern auch Biologie. 6. Schuljahr. Sie – musste uns „aufklären. Die Ärmste.
Da waren übrigens nicht nur die Tierstimmen verboten, sondern auch Fragen aller Art. „Keine Fragen dazu, keine Fragen. Ich habe einen Rechtsanwalt, ich gehe vor Gericht und gewinne den Prozess. Also: keine Fragen!“ Nun ja, die meisten von uns wussten „beim Aufklären“ sowieso mehr Antworten als sie… Trotzdem hing ihr Herz an uns. Wir waren ihr Schatz.
Ich weiß nicht, ob jemals bei ihr eingebrochen wurde – außer dem Jahr, indem in der Mainacht ihr Gartentörchen und die Hausnummer verschwanden: „Kinder, geht mir das Törchen zurück und meine Sieben. Wenn das bis morgen nicht wieder zurück ist – ich habe einen Rechtsanwalt… ich gehe vor Gericht… Sie wissen schon: Fräulein Dengel gewinnt den Prozess.
Zurück zum Evangelium.
Ob sich der „göttliche Einbrecher“ von einem solchen Schild abhalten ließe? „Lieber Herr Gott! Hier ist nichts zu holen. Ich bin getauft, zur Kommunion gegangen und gefirmt… versuche mein Leben einigermaßen ordentlich zu leben – normal halt … wir ja alle kleine Sünderlein… nicht so schlimm, dass ich es hätte beichten müssen… Also guck Dich mal lieber in der Nachbarschaft um… das sitzen welche mit echtem Dreck am Stecken, ich könnte Dir Sachen erzählen…. Also: bitte verschonen und weitergehen! Mit freundlichen Grüßen.“
Ich glaube nicht, dass sich der „Göttliche Einbrecher“ davon abhalten ließe. Er kommt und nimmt, ohne zu fragen. Er erntet, wo er nicht gesät hat. Die Gleichnisse sind voll von Geschichten über diesen Göttlichen Einbrecher. Am letzten Sonntag noch traf es den Großgrundbesitzer, der seine Scheunen vergrößern wollte. „Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wir dann das gehören, was du angehäuft hast?“
Diesmal nimmt die Geschichte aber einen anderen Verlauf. Der Einbrecher entpuppt sich als „gut gelaunter Hausherr“, der von einer Hochzeit zurückkehrt – von einer Party, wohl kaum von seiner eigenen… da wäre er ja wohl mit seinem „Schatz“ spätestens in den frühen Morgenstunden im Bett. Sein Haushalt wäre noch wach und mit Aufräumen beschäftigt.
Also: er kommt heim, offensichtlich hat er gegessen und getrunken, gelacht und getanzt und gefeiert – hat vielleicht schon einen in der Krone, und sagt zu seinem Personal: „Kommt, wir gehen noch nicht schlafen, steht auf, wir feiern zusammen weiter! Setzt Euch an den Tisch! Ich gucke mal, was noch im Kühlschrank ist und im Keller!“ Er legt den Mantel ab, zieht den Gürtel an, steckt das Gewand hinein, damit es nicht in der Suppe und im Wein hängt… und bedient die Bediensteten. Damit hatte wahrscheinlich niemand gerechnet.
„Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr ihn nicht erwartet“ – prophezeit Jesus. Was er dann tut, wenn er kommt – ob er uns von der Tür abweist „Ich kenne euch nicht“ – ob er uns zur Rede stellt – „Gib Rechenschaft“ – oder ob er „sich selbst gürtet und uns der Reihe nach bedient“– wer weiß.
Wichtig ist: wir sollten mit ihm rechnen. Wir sollten vorbereitet sein. Wie Fräulein Dengel. Sie hat immer mit Einbrechern gerechnet – und wenigstens ein Schild ins Fenster gestellt.
Mit dem einbrechenden Gott und seiner Herrschaft rechnen. Das geht auch eigentlich ganz leicht – am besten dadurch, dass wir mit ihm im Kontakt sind, uns bewusst machen, dass wir unser Leben vor Gott und mit ihm leben. Uns in Erinnerung rufen, dass Gott ganz einfach da ist. Das geht ganz ohne Worte – von Herz zu Herz, sozusagen – von Schatz zu Schatz.
Wer Worte braucht, bekam am vorletzten Sonntag eine gute Anregung von Jesus selbst: „Unser Vater im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme!
Haltet euch bereit!
Fürbitten
Dein Stimme hat uns wieder aufgeweckt, durch dein Wort, Gott,
und durch die Welt in der wir leben.
Wir wissen, dass Du uns immer nahe bist –
auch als der Fremde und Ferne.
Mit dir schauen wir auf unsere Welt.
Wir sehen voll Sorge auf alle, die von diesem Klima betroffen sind: die Hitze und die Wasserknappheit machen vielen Menschen und Völkern zu schaffen.
Wir sehen, dass die Bereitschaft zu grundlegenden Veränderungen im Wirtschaften immer noch nicht vorhanden ist. Wie soll das weitergehen?
(Stille)
Verlass uns nicht, Herr unser Gott/
Verlass uns nicht, Herr unser Gott.
Neue Enthüllungen aus dem Nachbarbistum Köln machen sprachlos. Die Berater von Kardinal Woelki wollten sowohl die Presse als auch die von Missbrauch Betroffenen instrumentalisieren, damit der Kardinal „politisch überlebt“ und das Erzbistum gut dasteht. Dafür wurde mehr Geld ausgegeben als für die Zahlung an Betroffene.
Wann spricht der Papst endlich ein Machtwort?
(Stille)
Verlass uns nicht, Herr unser Gott/
Verlass uns nicht, Herr unser Gott.
Der Papst hat sich in dieser Woche bei den Ureinwohnern Kanadas für das durch die Kirche zugefügte Leid entschuldigt.
Sein Schuldbekenntnis wurde gehört und gewürdigt. Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass dies nur der Anfang eines Weges der Heilung sein kann. Weitere Schritte müssen folgen.
Es gibt so viele Menschen, Gruppen und Kulturen, denen im Laufe der Geschichte von der Kirche die Würde genommen oder vorenthalten wurde – durch Menschen der Kirche und durch die Lehre der Kirche.
Ob der Synodale Prozess, den der Papst auf Weltebene durchführen lässt, zu einem Aufbruch führt?
(Stille)
Verlass uns nicht, Herr unser Gott/
Verlass uns nicht, Herr unser Gott.
Kinder, Jugendliche und Familien nutzen die Urlaubszeit.
Ihnen wurde durch Covid19 und die Schutzmaßnahmen viel zugemutet. Der nächste Winter kommt – und keiner weiß, wie die Pandemie sich entwickeln wird.
Wir brauchen in unserer Regierung Menschen, die Verantwortung für das Gemeinwohl und für die Schwachen übernehmen.
Ob das alle Regierungsparteien so sehen?
(Stille)
Verlass uns nicht, Herr unser Gott/
Verlass uns nicht, Herr unser Gott.
So viele andere Sorgen und Nöte bleiben ungesagt.
Sie haben einen Platz in unserem Herzen und in unserem Gebet. Herr unser Gott, verlass uns nicht.
Lass uns bewusst in deiner Gegenwart leben.
Heute, morgen und in Ewigkeit. Amen.