Mit dem Besuch bei unseren Freunden in Erfurt verbinden wir jedes Mal den Besuch von Dom und Severikirche. Der Weg führt uns dann über den Domplatz und die beeindruckende Freitreppe hinauf in den Dom und in die Severikirche. Im Dom befinden sich die bedeutenderen Kunstwerke, aber die Severikirche enthält eine der großartigsten Werke der deutschen Plastik des 14. Jahrhunderts: die Deckplatte auf dem Sarkopharg des Heiligen Severus von Ravenna mit nahezu vollplastischen Hochreliefs.
Nach der Legende sollte zu Pfingsten 342 in Ravenna ein neuer Bischof vom der ganzen Gemeinde gewählt werden. Als Severus, der Mann der Vincentia und Vater von Innocentia, zur Bischofswahl vorgeschlagen war, ließ sich eine Taube auf seiner Schulter nieder. Das sah die Gemeinde als göttliches Zeichen an und wählte ihn zum Bischof. Nachweislich nahm er an der Synode von Sardica in den Jahren 342/343 teil. Beerdigt wurde Severus um 345 in Classe, dem heute nicht mehr existierenden Hafen von Ravenna. Seine Gebeine wurden 836 von Bischof Otgar von Mainz nach Erfurt gebracht. Nach dem Brand der Kirche 1472 wurde das Grabmal zerlegt und die Seitenplatten anderweitig aufgestellt. Die originale Deckplatte wurde nach 1472 als Aufsatz für den Severusaltar verwendet. Erst 1948 wurden die Teile wieder zusammengefügt und 1982 mit einem Abguss der Deckplatte versehen. Der Sarkophag zeigt auf der Deckplatte den Heiligen Severus von Ravenna mit seiner Frau Vincentia und seiner Tochter Innocentia.
Das Grabmal hat mich an die Forderungen der 3. Synodalversammlung erinnert. Danach sollten Gläubige mehr Mitbestimmungsrechte bei der Wahl der Bischöfe erhalten und Priester nicht mehr zölibatär leben. Das sind Forderungen, die vor Jahren noch völlig undenkbar waren. Die Reformen sind überfällig. In der Frühkirche war das was die Synodalversammlung heute fordert selbstverständlich!
Hans-Peter und Ursula Ternes