Lebenszeichen 56: Gottfried Bachl, Wasserpsalmen

I. Ich sollte das Herz in die Brandung werfen,
aber ich bettle um Geborgenheit.
Ich liege auf dem Sofa
und rede vom Wellengang der Zeiten,
ich halte meine Zehe in das Wasser
und berichte von Sturmerlebnissen,
meine Abenteuergeschichten
entstehen in der Badewanne.


Mein Jesus wandert in der Schwimmweste
über den See Genezareth,
mein heiliger Geist kommt
in der Wildbachverbauung daher,
mein Gottvater beschließt
die Abschaffung der Orkane.
Ich kenne das Wasser
Nur aus der Wasserleitung,
ich verlasse mich nicht
auf die Wasser der Schöpfung.
Ich sollte das Herz in die Brandung werfen,
aber ich bettle um Geborgenheit.

II
Alle möglichen Säfte schütte ich in mich hinein,
ich tanke mich mit Erlebnissen voll,
ich bin gut drauf und gut dran,
ich weiß, wo die Elixiere zu haben sind.
Viele Meister geben mir zu trinken
und verlängern das Leben
und verschönern mein Aussehen und stärken
die Muskeln
und lockern die Seele und tröpfeln mir die
Liebe ein
und heilen die Krankheiten.
Und wissen nichts gegen den Tod.
Versprechen Gesundheit
und wissen nichts gegen den Tod.
Sprudeln von lauter Lebendigkeit
und wissen nichts gegen den Tod.
Rastloses Trinken und wachsender Durst,
der lässt sich nicht löschen,
der ist nicht sattzukriegen,
wenn ich nicht den Brunnen finde,
den du geschlagen hast in deinem Land,
ewiger Gott….

( Gottfried Bachl, Wasserpsalmen)

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