Mut machen! – Auf zum Goldenen Zeitalter (Mit-Mach-Theater-Projekt)

Vorstellung, Kennenlernen und Konzeption des Projekts: La Liberté! – I’m not working! (Auf zum Goldenen Zeitalter) findet am Mittwoch, den 27. April in der Herz Jesu Kirche, Trier- Süd (Ecke Friedrich-Wilhelm-Str./Nikolausstr.)  um 20 Uhr statt.

Pandemie! Krieg! Rechte Strömungen! Spaltung der Gesellschaft! Missbrauch und Krise der Kirche! Armut und Hass!
Nein, wir leben wahrlich nicht in goldenen Zeiten! Gerade deshalb wird es Zeit für ein Theaterprojekt, das Utopie denkt, das nach Visionen schreit und in denen alle ihre Hoffnung nach einem Goldenen Zeitalter zur Sprache bringen können! Die Kirche als Aufführungsraum soll Ort des Protestes werden, die Straße zum Ort der Kontemplation! Wir verkehren die Logik einer verrückten Welt und machen uns Mut, dass diese Welt besser werden kann.

Ausgang: 2022! Über die Wintermonate trifft sich jeden Samstag eine Gruppe von Menschen, die gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie der Bundesregierung demonstrieren. Neben der Verbreitung medizinischer Halbwahrheiten findet eine andere Form der Agitation statt: Rechte Ideologen mischen sich unter die Gruppe der Querdenker und rufen dazu auf, sich gegen die Diktatur in Deutschland zu wehren. (Zur gleichen Zeit werden in Belarus Oppositionelle festgesetzt, in der Ukraine fallen Bomben, Demonstranten in Russland gegen den Krieg fürchten um ihre Freiheit.)

Knapp 4.000 km südöstlich lässt das Regime in Damaskus Islamisten frei: Das Volk fordert, dass unschuldig Gefangene endlich freigelassen werden. Das Kalkül des Regimes ist berechnend: Mischen sich Terroristen unter die friedlichen Demonstrierenden hat der Staat die Möglichkeit mit Gewalt in die Demonstrationen einzugreifen.

Zwei Kulturräume – zwei Lieder: Der algerische Rapper Soolking fleht in seinem Track La Liberté (Die Freiheit) um die Freilassung unschuldiger Gefangener.

In Westeuropa resignieren die Maniac Street Preachers (Verrückte Straßenprediger) auf ihrem Album This is my truth, tell me yours (Das ist meine Wahrheit, erzähl mir von Deiner) I’m not working (Ich funktioniere nicht mehr)

Zwei Gesellschaften mit dysfunktionalen Entwicklungen, aber einer vergessenen Hoffnung: Das Goldene Zeitalter.

Hintergrund: In der griechischen Mythologie bezeichnet das Goldene Zeitalter einen Idealzustand. Einen Himmel auf Erden. Im biblischen Buch Daniel (2, 31-40) wird in einem (göttlich inspirierter) Traum die Abfolge der Reiche beschrieben, die über die Welt herrschen werden. Im Islam ist diese Vorstellung auch bekannt: Im ersten Buch der persischen Prophetie Bahman Yašt werden die künftigen großen Geschichtsepochen dargestellt. In der goldenen Zeit herrscht die wahre Religion. Je mehr das Metall korrodiert, umso mehr verfällt die Moral. In seiner Schrift (1799/1802/1826) Die Christenheit oder Europa (https://www.ezus.org/wp-content/blogs.dir/2/files/2015/10/Novalis_Christenheit-oder-Europa.pdf) entwirft der Romantiker Novalis, die Idee eines künftigen Goldenen Zeitalters. Die Dynamiken des Widerspruchs Natur – Kultur, Glaube – Wissenschaft, Demokratie – Einheit sind ineinander eingebettet und ergänzen sich in ihrer Vielheit und Widersprüchlichkeit.

Projekt: Lasst uns eine Utopie denken! Zwischen innerer Einsamkeit, die in der Pandemie erfahrbar wurde und dem Herausgerufen sein in die Welt, zu Kriegen in Syrien, den arabischen Staaten im Mittelmeer, der Ukraine und dem Unrecht auf der Welt, aber auch zu Ungerechtigkeit in unserer Welt Stellung zu beziehen, entwächst diese Utopie. Sie stellt sich eine grundlegende Frage: Wie soll das Goldene Zeitalter – der Himmel auf Erden – aussehen?

 Kann diese Utopie Einheit, Dynamik, Vielheit und Widerspruch zulassen? Ausgehend von den Liedern von Soolking und den Maniac Street Preacher spielen Fragmente von Musik und Texten eine Rolle, die diese Goldene Zeitalter beschreiben (Novalis, die Bibel, Koran, weitere Schriften). Doch es geht nicht um die Lektüre dieser Schriften, nicht um philosophische oder theologische Argumentation, sondern um die Frage: Wie ist diese Hoffnung in unserem Alltag eingebettet? In der Zwischenwelt unsere Innerlichkeit mit alle ihren Gefühlen (Isolation, Einsamkeit, Wut, Mut, Hoffnung, Glaube etc.) und der Zuwendung zur Welt, etwas ändern zu wollen (politische Agitation, solidarisches Handeln, Zivilcourage, gutes Tun u.v.m.).  Die Spannung zwischen Innerlichkeit und gesellschaftlichen Handeln ist eine Erfahrung, die als Expertise des Alltags im Theater nutzbar gemacht werden soll.

Aus dieser Expertise soll die Frage nach dem Goldenen Zeitalter in einer Textwerkstatt zu Papier gebracht werden: Wie sieht für mich persönlich dieser Himmel auf Erden auf? Drückt er sich im verzweifelten Liebesbrief aus? Oder im persönlichen Gebet? Im Gedicht? Oder ist es eine Wutrede an die Mächtigen? Oder die Aneinanderreihung von Handlungen wie der Schulterschluss, die Handreichung, das Teilen des Mantels, das Brechen des Brotes?

Jede/r  Mitwirkende/r soll in einer Schreibwerkstatt diese Ideen einfließen lassen: alleine oder in der Gruppe. Diese Texte werden inszeniert.

Aufführungsraum werden Kirche und Straße sein: Die Widersprüchlichkeit dieser Räume sollen ein Pendeln in Gang setzen zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Mut- und Wutgedanken hin zur Agitation. Die Frage: „Welchen Ausdruck braucht das Goldene Zeitalter? – Protest oder Verkündigung? Manifest oder Glaubensbekenntnis?“, steht hier im Vordergrund.

– Marc-Bernhard Gleißner

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