Niedrigstand. Morgenfeiern im Advent 2021, sonntags 8:30 – als Videokonferenz

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VIERTER ADVENT: Niedrigstand. Zeit der Gnade?
2 Kor 5.6

Gesang: Herr, send herab GL 222,1 (Ralf) – 4 (Anja) – 9(Ralf)

Begrüßung (Ralf)

Ihr Lieben,
ich begrüße Euch  herzlich am Morgen des 4. Advent.
Herausfordernd war der Advent bisher –
im persönlichen, alltäglichen Leben,
in der großen und in der lokalen Politik,
auch in der Kirche.

Wir sind herausgefordert –
es miteinander auszuhalten.
Das ist vielleicht die größte Herausforderung –
es mit anderen auszuhalten,
die anders denken und fühlen.

Der Niedrigstand macht dünnhäutig.
Trost – Ergebung – Widerstand – Gnade?
Was ist Gnade, wäre Gnade in diesen Tagen?
Sind wir heute weiter als am 1. Advent?

Die letzten 7 Tage vor Weihnachten sind geprägt
von den großen O-Antiphonen.
Vielleicht gibt die heutige Antiphon eines Antwort.
Am 19. Dezember heißt sie:

O Radix Jesse,
o Spross aus der Wurzel Jesse,
gesetzt zum Zeichen für die Völker –
vor dir verstummen die Herrscher der Erde,
dich flehen an die Völker:
komm und errette uns, erhebe dich,
säume nicht Länger.

Oder – wie wir es gerade im Lied gehört haben:
O Wurzel Jesse, Jesu Christ,
ein Zeichen aller Welt du bist,
das allen Völkern Heil verspricht:
Eil uns zu Hilfe, säume nicht.

Alles beginnt mit einem Keim,
einem Spross aus einer Wurzel,
aus der ein Baum wird….

Gestern Abend haben wir Maher Abdul Moaty
in der Kirche gesehen, der uns im Tanz
mitgenommen hat –
in das Wachsen eines Baumes.
Es beginnt damit, dass der Baum sein Sterben ernst nimmt.
Und dass ihm darin neue Kraft zum Leben erwächst.
Möge sich dieses Geheimnis auch in unserer Erfahrung
wieder einstellen.

Gebet (Marianne Grandjean)

Allmächtiger Gott,
gieße deine Gnade in unsere Herzen ein.
Durch die Botschaft des Engels
haben wir die Menschwerdung Christi,
deines Sohnes, erkannt.
Führe uns durch sein Leiden und Kreuz
zur Herrlichkeit der Auferstehung.
Darum bitten wir durch ihn, Christus unsern Herrn. Amen.

Lesung  (Matthias Werner)

Lesung aus dem 2. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth.

7 Gehört also jemand zu Christus,
dann ist er ein neuer Mensch.
Was vorher war, ist vergangen,

etwas völlig Neues hat begonnen.
18 All dies verdanken wir Gott,
der uns durch Christus mit sich selbst versöhnt hat.
Er hat uns beauftragt, diese Botschaft überall zu verkünden.

19 Und so lautet sie:
Gott ist durch Christus selbst in diese Welt gekommen
und hat Frieden mit ihr geschlossen,
indem er den Menschen ihre Sünden nicht länger anrechnet.
Gott hat uns dazu bestimmt,
diese Botschaft der Versöhnung

in der ganzen Welt zu verbreiten.
20 Als Botschafterinnen und Botschafter von Christus
fordern wir euch deshalb im Namen Gottes auf:
Lasst euch mit Gott versöhnen!
Wir bitten euch darum im Auftrag von Christus.

Als Gottes Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
bitten wir euch aber auch:
Lasst die Gnade, die Gott euch schenkt,
in eurem Leben nicht ohne Auswirkung bleiben.
2 Denn Gott hat gesagt:

»Ich will dein Gebet erhören.
Es wird eine Zeit der Gnade für dich geben,
einen Tag, an dem du meine Hilfe erfährst!«

Genau diese Zeit ist jetzt da,
der Tag der Rettung ist nun gekommen.
9 Für die Welt sind wir Unbekannte,
aber Gott kennt uns.
Wir sind Sterbende,
 und doch leben wir.
Wir werden geschlagen
und doch kommen doch nicht um.
10 In allen Traurigkeiten bleiben wir fröhlich.
Wir sind arm und doch beschenken wir viele.
Wir haben nichts und doch besitzen wir alles.

Wort des lebendigen Gottes. Dank sei Gott.

Gesang: Es kommt ein Schiff geladen (Ralf/Anja)

Halleluja (Anja)

Evangelium (Claude Muller)

Aus dem Evangleium nach Lukas.

In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg
und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
40Sie ging in das Haus des Zacharías

und begrüßte Elisabet.
41Und es geschah:
Als Elisabet den Gruß Marias hörte,
hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
42und rief mit lauter Stimme:
Gesegnet bist du unter den Frauen
und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
43Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte,
hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.

45Und selig,
die geglaubt hat, dass sich erfüllt,
was der Herr ihr sagen ließ.

Halleluja  (Anja)

Predigt (Elke Grün)

Niederstand. Zeit der Gnade?

Seit dem ersten Advent beschäftigen wir uns mit dem Thema – Energie ist uns im vergangenen Jahr abhandengekommen erst haben wir Trost gesucht und gefunden, dann die Frage nach Ergebung gestellt und uns am vergangenen Sonntag mit der Frage des Widerstands beschäftigt. Eine ganz schöne Tour während der 4 Adventswochen … heute stellen wir uns die Frage nach der Zeit der Gnade im 2. Korintherbrief: Durch Christus, durch die Taufe werden wir zu neuen Menschen, die seine Gnade erfahren und von Gott alles geschenkt bekommen.

In den letzten Tagen fällt es mir schwer, die aktuellen Entwicklungen in Gesellschaft, Kirche und Politik zu respektieren und das macht mir zu schaffen. Und dann soll ich hier von einer Zeit der Gnade reden … alles nicht so einfach!
In der ersten Lesung haben wir von der Verheißung der Geburt des Messias gehört, der Zusagen das Bethlehem eine besondere Rolle in der Heilsgeschichte Israels spielt. Im Evangelium haben wir vom Besuch Marias bei Elisabeth gehört: die beiden schwangeren Frauen haben eine besondere Beziehung, nicht nur aus ihrer familiären Verbundenheit, sondern weil sie beide von Gott sehr ungewöhnliche Aufgaben in ihrem Leben bekommen und angenommen haben. Gott wirft ihr Leben aus der Bahn! Und mit diesen beiden Frauen verbinde ich die Gewissheit: wenn ich mich auf IHN einlasse, mein JA sage und mich ganz auf ihn einlasse, dann wird das auch in meinem Leben für Umsturz, Veränderung – Heil sorgen.
Genau da schließt unser Text aus dem Korintherbrief an – wenn wir uns auf Christus beziehen, ihm nachfolgen und davon Zeugnis geben, dann werden wir zu dem Neuen Menschen der den Auftrag hat, die Frohe Botschaft zu verbreiten und Die Gnade, die uns zuteilwird, weiterzugeben.
Der Text sagt uns: „Der Tag der Rettung ist nun gekommen.“
Wenn ich mir diesen ersten Teil unseres Textes im Korintherbrief ansehe, dann wird deutlich, dass Paulus zum Einen davon ausgeht, dass die Christ*innen sich durch ihre Taufe Gott zugehörig fühlen und zum Anderen davon überzeugt sind, dass der Weg der Christusnachfolge der Weg zum Heil ist, der die Rettung gebracht hat.
Wir sollen uns mit Gott versöhnen, das klingt nach Reue und Fehlern aber das Gegenteil ist wohl gemeint. Denn im mittleren Teil des Textes wird klar, dass, was immer auch durch Verleumdung, Verfolgung und Schwierigkeiten auf uns zukommt, niemand sich etwas zuschulden kommen lassen soll. „Wir“, so sagt es Paulus, sollen Gottes Willen erkennen, geduldig und freundlich sein und das Wirken des Heiligen Geistes durch uns zeigen. Das tun wir, wenn wir Gottes Wahrheit leben und verkündigen, das richtige Verhalten vor Gott und den Menschen praktizieren und uns davon nicht beirren lassen.
Was uns auch geschieht, sind wir in Christus aufgehoben, geborgen und beschützt – diese Zuversicht habe ich nicht immer, aber ich bin dankbar, dass sie mir als Wegweiser dient.
Ich stelle mir die Frage was in der Gemeinde von Korinth los war, wenn Paulus solche Aussagen trifft.
Wenn so auf das korrekte Verhalten des Apostels Bezug genommen wird, dann muss es in der Gemeinde massive Schwierigkeiten gegeben haben – ein bisschen so, wie es mir gerade vorkommt. Nicht, dass ich mich als Apostelin wie Paulus fühle, aber Streitereien, Missstände und Missbrauch in vielerlei Hinsicht betreffen uns alle gerade in Kirche, Gesellschaft und Politik.
Der Ton wird rauer, ungerechter, es ist laut und aggressiv.
Das sehen wir gerade täglich in den Medien: Impfbefürworter*innen und -gegner*innen, Partei- und Regierungsmitglieder, Verantwortliche in der Kirche und ihrer Hierarchie, Missbrauchsbetroffene und ihre Unterstützer*innen sie alle versuchen ihre Interessen durchzusetzen und sich Vorteile zu verschaffen.
Wer welches Recht hat, kann und möchte ich an dieser Stelle nicht beurteilen oder bewerten.
Aber ich bin davon überzeugt, dass es in allen Bereichen wichtiger ist, die jeweils andere Meinung ernst zu nehmen, zuzuhören, sich auseinanderzusetzen und gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen und um Lösungen zu ringen!
Eine Zeit der Gnade ist das auf den ersten Blick nicht … und auf den zweiten Blick?
Da entdecke ich Parallelen zu Paulus und seiner Botschaft: Wenn wir tun ,was Gott von uns erwartet: Die Botschaft Jesu Christi in die Welt zu tragen, das Richtige zu tun und das Falsche zu lassen. Wenn wir in aller Traurigkeit, Sorge und Not fröhlich bleiben, dann sind wir Zeug*innen der Botschaft, wie Paulus es sagt.
Ich möchte heute den letzten Satz unseres Textes zum Beispiel nehmen und einladen an diesem 4. Advent unsere Armut zu sehen, die sich oft darin zeigt, zu erkennen, dass materieller Reichtum nicht wesentlich für unser Heil ist.
Wenn wir als Christ*innen das teilen, was Jesus uns aufgetragen hat, nämlich die Frohe Botschaft weiterzugeben:
Als Zeug*innen vom Reich Gottes
, der Freiheit die Gott uns schenkt, der Taufe, die uns zu Kindern und Erb*innen macht und der unendlichen, ver-rückten Liebe Gottes zu uns.
Wenn wir davon erzählen und das LEBEN –  in unserem Alltag, Umfeld – der „kleinen Welt“ in der wir leben und handeln, stellen wir fest, dass wir vielleicht „Nichts haben“, aber am Ende doch „Alles besitzen!“ und in einer Zeit der Gnade leben! AMEN

Die Nacht ist vorgedrungen GL 220,1.3.4.5  (Ralf/Anja)

Fürbitten (Kathrin Knieps)

Zu Jesus Christus, der in die Welt gekommen ist, um sie aus Hass und Leid zu befreien, bitten wir voll Vertrauen:
 
1. Zweifel und Zuversicht. In Zeiten der Ruhelosigkeit nehmen wir uns viel zu selten einen Moment zum Durchatmen. Wir beginnen, an uns und unseren Fähigkeiten zu zweifeln. Uns fehlt die Zuversicht, um positiv in die Zukunft zu blicken und an Deine Nähe zu glauben.
 
Sei mit uns, dass wir uns in Zeiten des Zweifelns und Suchens daran erinnern, dass Du uns nah bist. Sei mit allen, die im Glauben unsicher geworden sind, dass sie Deine Liebe neu entdecken können. (Stille)
 
2. Krankheit und Lebensfreude. Viele Menschen leiden an einer unheilbaren Krankheit, die sie stark beeinträchtigt in Ihrem Leben. Nach einer Diagnose ist plötzlich alles anders. Das Leben wird komplett auf den Kopf gestellt.
 
Sei mit allen, die an einer unheilbaren Krankheit leiden. Richte sie auf und zeige ihnen einen Weg mit ihrem Schicksal zu leben und trotzdem Lebensfreude zu empfinden. Sei mit den Familien und Freunden dieser Menschen, dass sie es schaffen ihre Lieben zu unterstützen ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben. (Stille)
 
3. Traditionen und Neuaufbruch. Eine neue Regierung wurde gewählt und auch in unserer Gemeinde hat sich etwas getan: Der Pfarrgemeinderat hat sich neu formiert. Viele junge Menschen engagieren sich, sowohl in Politik als auch in der Kirche. Manches Alte geht, Neues kommt und das ist genau richtig.
 
Sei mit allen Menschen, dass sie fest im Glauben und lebendiger Hoffnung sind. Schenke ihnen gegenseitiges Vertrauen und und wachsende Nächstenliebe, damit sie gemeinsam Neues schaffen können. (Stille)
 
Allmächtiger Gott,
Du lässt niemanden allein, der dir vertraut. Du vollendest das, wozu uns die Kraft fehlt. Durch die Botschaft des Engels
haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt.
Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit. Amen.

 

Vaterunser

Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Gebet (Marianne)

Barmherziger Gott,
dein Wort will unseren Glauben stärken,
dass Dein Name wahr ist: Immanuel, Gott mit uns.
Lass uns in diesem Glauben und in dieser Hoffnung
auf die Feier der Geburt deines Sohnes zugehen.
Lass diesen Glauben wirksam werden in der Liebe.
Darum bitten wir durch Christus unsern Herrn.

Segen (Ralf)

Zum Schluss: Meine Seele auf und singe GL 752,1.3 (Anja, Ralf, Anja)

DRITTER ADVENT: Niedrigstand. Trotzdem widerstehen?
2 Kor 4,1.6-10.16

Gesang O komm, o komm Emmanuel (Jutta/Ralf, abwechselnd) GL 753

Begrüßung (Ralf)

Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!
Noch einmal sage ich: Freut euch!

Denn der Herr ist nahe! Phil 4,4-5

Liebe Schwestern und Brüder,

unter diesem Wort aus dem Philipperbrief steht der 3. Adventssonntag und ich grüße Euch und sie herzlich.
Freude ist wohl das letzte, was einem zum Advent 2021 einfällt.
Dennoch ist uns gerade dieses Wort gesagt – heute am 3. Advent.
Freut Euch! Denn der Herr ist nahe…
Woher kann Freude kommen – in dieser Zeit des Niedrigstands?
Woher die Kraft zu Widerstand?
Bitten wir um das Heil, das Gott uns sendet.

Kyrie (Jutta)

Gebet (Ralf)

Gott unserer Hoffnung,

heute ist der 3. Advent – er steht unter der Einladung, der Aufforderung zur Freude – wie Paulus es der Gemeinde in Philippi geschrieben hat.
Uns ist aber gar nicht danach – nach Freude.
Die Niedrigstände rauben uns die Kraft –
in anderen Fragen steht uns das Wasser bis zum Hals.

Und dennoch ist der Erlöser nahe –
wie es Paulus sagt –
gegen den Augenschein und gegen die Erfahrung.
Eine Sache des Glaubens – und der Hoffnung.
Um den Glaubens- und Hoffnungsfunken bitten wir,
an diesem 3. Advent.

Und falls Du Niedrigstand und Wasser-bis-zum-Hals
durch ein kleines Wunder störst,
dann werden wir uns auch freuen. Versprochen. Amen.

Einordnung

In unserem Adventthema „Niedrigstand – Ergebung – Widerstand – oder was?“
Mit Texten aus dem 2. Korintherbrief“ gehen wir heute einen nächsten Schritt. Wir haben die Niedrigstände des Apostels Paulus nachvollzogen – seinen Streit und seinen Misserfolg in der Gemeinde von Korinth, die eigene Traurigkeit und Enttäuschung darüber. Am letzten Sonntag haben wir dann einen Paulus erlebt, der sich nach dem Himmel sehnt – nach der ewigen Heimat, die uns bereit ist, wenn wir aus diesem Leib ausgewandert sind.
Steckte darin auch ein Stück Aufgabe – Resignation. Könnte das eine Haltung sein, die sich entstellt, wenn nichts mehr geht?
Der Theologe Dietrich Bonhoeffer setzt dieser Haltung der Ergebung den Widerstand gegenüber. Wie ist Widerstand möglich, wenn wir selbst am Boden liegen und nicht mehr weiterkönnen?
Paulus beantwortet die Frage mit einem klaren JA – wahrscheinlich auch aus eigener Erfahrung. Es ist dieser unermessliche Schatz, der in uns liegt – und der gerade durch die Risse in unserem perfekten ICH heraus leuchtet.
There is a crack in everything – that’s where the light comes in.
So hat Leonhard Cohen gesungen. In allem gibt es diese Risse und Brüche.
Das ist, wo das Licht herein fällt…

Lesung: 2 Kor 4,1.6-10.16 (Michael Dostert)

Lesung aus dem 2. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth.
Weil Gott uns in seiner Barmherzigkeit die herrliche Aufgabe übertragen hat,
seine Botschaft zu verkünden, verlieren wir nicht den Mut.
6 Denn so wie Gott einmal befahl:
»Licht soll aus der Dunkelheit hervorbrechen!«,
so hat sein Licht auch unsere Herzen erhellt.
Jetzt erkennen wir klar,
dass uns in Jesus Christus Gottes Herrlichkeit entgegenstrahlt.
7 Diesen kostbaren Schatz tragen wir in uns,
obwohl wir nur zerbrechliche Gefäße sind.
So wird jeder erkennen,
dass die außerordentliche Kraft, die in uns wirkt, von Gott kommt
und nicht von uns selbst.
8 Schwierigkeiten bedrängen uns von allen Seiten,
und doch werden wir nicht von ihnen überwältigt.
Wir sind oft ratlos, aber wir verzweifeln nicht.
9 Von Menschen werden wir verfolgt,
aber bei Gott finden wir Zuflucht.
Wir werden zu Boden geschlagen,
aber wir kommen dabei nicht um.
10 Tagtäglich erfahren wir am eigenen Leib etwas vom Sterben,
das Jesus durchlitten hat.
So wird an uns auch etwas vom Leben des auferstandenen Jesus sichtbar.
16 Darum verlieren wir nicht den Mut.
Wenn auch unsere körperlichen Kräfte aufgezehrt werden,
wird doch das Leben, das Gott uns schenkt, von Tag zu Tag erneuert.
Wort des Lebendigen Gottes.
Dank sei Gott.

Halleluja GL 175,4 (Jutta)

 Evangelium (Bruni Werner)

 Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.

10In jener Zeit fragten die Leute Johannes den Täufer:
Was sollen wir also tun?
11Er antwortete ihnen:
Wer zwei Gewänder hat,
der gebe eines davon dem, der keines hat,
und wer zu essen hat, der handle ebenso!
12Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen,
und fragten ihn: Meister, was sollen wir tun?
13Er sagte zu ihnen:
Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!
14Auch Soldaten fragten ihn:
Was sollen denn wir tun?
Und er sagte zu ihnen:
Misshandelt niemanden, erpresst niemanden,
begnügt euch mit eurem Sold!
15Das Volk war voll Erwartung
und alle überlegten im Herzen,
ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei.
16Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort:
Ich taufe euch mit Wasser.
Es kommt aber einer, der stärker ist als ich,
und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.
Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
17Schon hält er die Schaufel in der Hand,
um seine Tenne zu reinigen
und den Weizen in seine Scheune zu sammeln;
die Spreu aber
wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.
18Mit diesen und vielen anderen Worten
ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft.

Halleluja (Jutta)

Gespräch zum Besuch der Atheistin – und ihrem Glaubensbekenntnis….
(Ralf/Marc-Bernhard)

Wir hatten unbequemen Besuch gestern Abend in der Vorabendmesse zum Fest Gaudete. Und einige Gottesdienstbesucher*innen waren enttäuscht, dass die erwartete Feststimmung nicht so richtig aufkam. Das konnte auch „Meine Seele auf und singe“ – nicht auffangen.

– Marc-Bernhard, wie kam es denn zum Besuch der Atheistin?
– Was waren denn ihre Vorannahmen, ihre Vorurteile? Womit rechnete sie bei uns?
– Sie kann an dem persönlichen und jenseitigen Gott nicht so richtig glauben, und an die Kirche schon gar nicht. Dennoch ist sie uns als Christ*innen nicht feindlich begegnet. Im Gegentei. Sie hat Erwartungen an uns…
– Ihr Glaubensbekenntnis folgte dem Glaubensbekenntnis der Kirche – bei einigen Punkten konnte sie mit, bei anderen nicht. Siehst Du darin eine Grundlage für einen gemeinsamen Widerstand?

Zum Abschluss liest Marc-Bernhard ihr Glaubensbekenntnis:
Ich glaube nicht an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
weil mir die zärtliche Mutter fehlt,
die meine Zerbrechlichkeit in die Arme nimmt,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
weil ich zerbrechliche Schöpfung und ganz unperfekt bin.
Und ich glaube nicht an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, Euren Herrn,
weil ich den Jesus von Nazareth kenne und schätze,
der Clown, der den Mächtigen die Maske vom Gesicht gerissen hat.
Das ist einer der Mut hat, am Rande der Gesellschaft zu leben und er war kein Herrscher.
Mag sein empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von Maria, ja das stimmt, was für eine Frau, die zerbrechliche Gefäß ihres Sohnes hielt
gelitten unter Pontius Pilatus, auch das glaube ich,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes – sein Körper litt
am dritten Tage auferstanden von den Toten, das kann ich nicht…
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters; nein, an diese Machtbilder glaube ich nicht, ein Clown, ein Außenseiter ist kein Herrscher und wenn es doch so passiert
von dort wird er kommen,
zu lieben und zu halten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, irgendwo muss der Widerstand ja herkommen, dass muss nicht rational erklärbar sein
die heilige katholische Kirche als zerbrochenes Gefäß, das andere bricht und sich dadurch noch mehr zerbricht
Gemeinschaft der Narren und Ausgestoßenen
Vergebung der Sünden, aber damit können wir doch jeden Tag beginnen
Auferstehung der Toten und das ewige Leben – da regt sich Widerstand in mir und meinem zerbrechlichen Gefäß und ich spüre immer noch die Angst in mir, die ich vorm Sterben hatte.
Aber leisten Sie mit ihrem Glauben nur Widerstand. Vielleicht haben Sie ja recht.
Amen.

Gesang (Jutta): Eines Tages kam einer

 

Fürbitten (Elke Grün)

Gott, wir sind mit Niedrigstand unterwegs, zu dir und auf das Weihnachtsfest hin. Bei allen Bedenken, Schwierigkeiten und Nöten in der Welt, wissen wir, dass unsere Anliegen in deinen Händen aufgehoben und gehalten sind.

In der Nordsee sterben tausende Menschen, die sich von Frankreich oder Belgien auf den Weg machen in Nussschalen den Ärmelkanal zu überqueren. Hunderte Boote, Rettungsringe, ungeeignete Schwimmwesten und andere Hilfsmittel zur Flucht treiben an die Belgische Küste und bezeugen die katastrophale Situation im Herzen von Europa. Tausende Menschen werden gerettet, aber es sterben auch täglich viele. Vorteile daraus ziehen die Schlepper, die an einem Transport fünfstellige Summer verdienen. Hilf den Menschen auf der Flucht, dass sie einen Ort finden, an dem sie in Menschenwürde und auskömmlich eine Zukunft gestalten und in Frieden leben können.

Kehrvers: Dein Reich komme GL 232 (Jutta)

 Am Freitag war Tag der Menschenrechte – als Zeichen haben viele Menschen eine Kerze der Solidarität in ihr Fenster gestellt. Diese Solidarität ist wichtig, und wertvoll. In Luxemburg, Sachsen und an anderen Orten ziehen Banden von sogenannten Demonstrant*innen vor die Häuser von Politiker*innen, beschimpfen sie und randalieren. In den USA werden Menschen anderer Hautfarbe und Meinung verfolgt und geradezu gejagt, Transgendermenschen werden von Sakramenten ausgeschlossen. In Indien werden Menschen verfolgt, weil sie Premierminister Moodi und seiner Partei nicht passen. In Afrika werden Christ*innen von islamistischen Gruppen verfolgt, Menschenrechte täglich mit den Füßen getreten und die eigene Ideologie absolut gesetzt. Die Beispiele können noch lange fortgeführt werden … Es ist wichtig, dass jede und jeder einzelne von uns sich im Alltag – hier im Kleinen und in der Welt wo sie und er Einfluss nehmen kann – dafür einsetzt, dass Menschenwürde geachtet wird, Menschenrechte und die Freiheit der Meinungsäußerung geschützt werden.

Kehrvers Dein Reich komme GL 232

Am Mittwoch wurde die neue Bundesregierung vereidigt. Es ist ein wichtiger Moment in jedem Land, wenn eine demokratisch legitimierte Regierung ins Amt kommt. Schon vorher wurden einzelne Politiker*innen verunglimpft, ihre Kompetenzen infrage gestellt und bösartige Kommentare haben, besonders in den Sozialen Netzwerken, das ihre zur Meinungsbildung getan. Wir wollen uns mit unserem Beispiel einsetzen und beten, dass der Ton in unserer Gesellschaft wieder freundlicher, wertschätzend und solidarischer wird, damit unsere Gesellschaft sich durch Toleranz, Wertschätzung und Akzeptanz auszeichnet.

Kehrvers Dein Reich komme GL 232

Jeden Tag erfahren wir von neuen Skandalen in der Kirche: Missbrauch im spirituellen und sexuellen Bereich, Amtsmissbrauch, Verfehlungen persönlicher und struktureller Art, Verschwendung und Machtmissbrauch im Allgemeinen. Lass uns daran nicht verzweifeln, sondern in unserem Alltag das tun, was Jesus von uns erwartet: die Liebe Gottes unter den Menschen leben und seine Frohe Botschaft verbreiten, damit Reich Gottes weiter wird und wächst.

Kehrvers: Dein Reich komme GL 232

Gott, du hast uns zu deinen Jünger*innen gemacht. In der Nachfolge Jesu sind wir unterwegs zu dir uns bereiten uns auf das Kommen des Messias im Kind in der Krippe vor. Höre unsere Gebete und Anliegen und bleibe mit deiner Liebe an unserer Seite. Darum bitten wir durch Jesus, unseren Bruder, Wegbereiter und Begleiter. AMEN

Vaterunser (Matthias)

Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Lied: O, Herr, wenn du kommst wird die Welt wieder neu GL 233 (Jutta)

Gebet

Danke, dass Du da bist – Gott.
Um Glauben bitten wir – heute, am 3. Advent.
Um Liebe – und um Hoffnung,
für die Menschen, für einzelne und für Gemeinschaften,
für euch und sie und uns,
für hier und überall –
für heute und morgen und soweit wir denken können –
und noch darüber hinaus.
So sei es. Amen.

Segen

Schlusslied (Jutta) GL 752,1-2

ZWEITER ADVENT: Niedrigstand. Sich ergeben?  2 Kor 5,1-8

1. Gesang: St. Johannes lässt erschallen GL 747,3 (Jutta Thommes)

2.)Eröffnung (Ralf)

Guten Morgen zusammen,
herzlich willkommen zu einer 2. Morgenfeier im Advent 2021.
Wir beginnen sie im Namen des Vaters uns des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Was für eine Woche. Die vierte Corona-Welle bestimmt unser Leben in vielen Bereichen. Zur Impfung kommt auch noch die Testpflicht in verschiedenen Bereichen. Ich habe etliche Stunden in Warteschlagen verbracht, um mich für den Besuch in der Gereatrischen Reha testen zu lassen. Irgendwie ist alles noch schlimmer als im vergangenen Jahr. Da haben wir sehnsüchtig auf den Impfstoff gewartet – und gehofft, das damit das Ende der Pandemie in Sicht ist. Mittlerweile sind wir eines besseren belehrt – und um eine Hoffnung ärmer.
Der Niedrigstand des Advents 2020 wird unterboten.

Der 3. Advent stellt Johannes den Täufer in den Mittelpunkt. Der richtet unseren Blick auf den, der kommen wird – und dem wir den Weg bereiten sollen. Aber in diesem Jahr will keine frohe Hoffnung aufkeimen. Es ist einfach schon zu lang und zu viel… Und Corona ist aufs ganze gesehen, noch nicht unsere größte Herausforderung. Der Klimawandel, die Not der Flüchtlinge… Manchmal möchte ich mich einfach ergeben und sagen – ich kann nicht mehr, Herr. Sich hinlegen – und einfach nicht mehr aufstehen. Vielleicht mit der Perspektive, dass unsere Heimat nicht hier, sondern im Himmel ist.
Der Abschnitt aus dem 2. Korintherbrief, den wir heute hören, ist ambivalent. Zum einen will er trösten – mit dem Blick im Himmel, zum anderen könnte er aber genau in diesem Punkt missverstanden werden – als Vertröstung.
Haben wir ein Recht, uns zu ergeben – aufzugeben?
Hören wir das Tagesgebet des heutigen 2. Adventssonntags.

3) Gebet (Claude Muller)

Allmächtiger und barmherziger Gott,
deine Weisheit allein zeigt uns den richtigen Weg.
Lass nicht zu,
dass irdische Aufgaben und Sorgen uns hindern,
deinem Sohn entgegenzugehen.
Führe uns durch dein Wort und deine Gnade
zur Gemeinschaft mit ihm,
der in der Weinheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit. Amen.

4) Lesung: 2 Kor 5,1-8 (Elke Grün)

Lesung aus dem 2. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth.
Das wissen wir:
Unser irdischer Leib ist vergänglich;
er gleicht einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird.
Dann erhalten wir einen neuen Leib,
eine Behausung, die nicht von Menschen errichtet ist.
Gott hält sie im Himmel für uns bereit,
und sie wird ewig bleiben.
5 Auf dieses neue Leben hat uns Gott vorbereitet,
indem er uns als sicheres Pfand dafür schon jetzt seinen Geist gegeben hat.
6 Deshalb sind wir jederzeit zuversichtlich,
auch wenn wir in unserem irdischen Leib noch nicht bei Gott zu Hause sind.
7 Unser Leben auf dieser Erde ist dadurch bestimmt,
dass wir an ihn glauben, und nicht, dass wir ihn sehen.
 8 Aber wir rechnen fest damit und würden am liebsten diesen Leib verlassen,
um endlich zu Hause beim Herrn zu sein.

5) LIed: Näher mein Gott zu Dir  GL 502,1.3.5 (Jutta Thommes)

6) Evangelium Lk3, 1-6 (Kathrin Knieps)

Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tibérius;
Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa,
Herodes Tetrárch von Galiläa,
sein Bruder Philíppus Tetrárch von Ituräa und der Trachonítis,
Lysánias Tetrárch von Abiléne;
2Hohepriester waren Hannas und Kájaphas.
Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes,
den Sohn des Zacharías.
3Und er zog in die Gegend am Jordan
und verkündete dort überall
die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden,
4 wie im Buch der Reden des Propheten Jesája geschrieben steht:
Stimme eines Rufers in der Wüste:
Bereitet den Weg des Herrn!
Macht gerade seine Straßen!
5Jede Schlucht soll aufgefüllt
und jeder Berg und Hügel abgetragen werden.
Was krumm ist, soll gerade,
was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.
6Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.

7) Ansprache (Marc-Bernhard Gleißner)

Als 2016 der berühmte Jugendroman „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ als Serie verfilmt wurde, traf mich beinahe beim Zuschauen der Schlag. Nachdem man die traurige Geschichte der Baudelaire-Kinder verfolgen musste, wie sie Waisen wurden und von ihrem Geldgierigen Onkel um ihr Erbe gebracht wurden, endete die erste Staffel ohne Hoffnungsschimmer am Horizont, sondern mit folgenden Zeilen:

DIE WELT IST BLOß EIN KOSTÜM, DAS NICHT PASST
HÄSSLICH, ENG UND ZU KLEIN
DU HOFFST, HIER ERWARTET UND FROHSINN UND GLÜCK
ABER SO WIRD ES LEIDER NICHT SEIN

JUTTA singt:

ES GIBT KEIN HAPPY END
NICHT HIER UND NICHT JETZT
ES FOLGEN NUR KUMMER UND LEID
DU TRÄUMST, DASS DAS GUTE DAS BÖSE BESIEGT
ABER SO WIRD ES LEIDER NICHT SEIN

Diese Zeilen legen die Kapitulation nahe, das Aufgeben, das Loslassen, weil das Gute nicht gewinnen wird. Das sind düstere Aussichten, wenn wir dem Inhalt des Liedes folgen wollen.

Mit dem heutigen Abend beginnen wir den 2. Advent und die zweite Überschrift zu unserer Adventsreihe Niedrigstand heißt „sich ergeben“. Aber bedeutet „sich ergeben“ „kapitulieren“, „resignieren“? Bei dieser Deutung kann ich nicht mitgehen, das löst Widerstände in mir aus.

Paulus 2 Korinther-Brief ist in einer Situation von Widerständen erwachsen: Die christliche Gemeinde in Korinth erfährt Verfolgung und Ausgrenzung und zu allem Übel steht sie vor einer Spaltung.

Gurus ziehen durch die Stadt und verkünden einen Superhelden-Jesus, der alles Böse überwindet. An dem soll man glauben. Aber dieser Glaube an einen Superhelden ignoriert die alltägliche Erfahrung von Ausgrenzung, Gewalt, Armut und gesellschaftlicher Spannung. Und diese Spannung erfährt die Gemeinde in Korinth damals mit Haut und Haaren, die sie einfach aushalten muss.

„Etwas aushalten“ heißt in einer Spannung stehen: Es gibt keine Patentlösung, um all die Probleme zu lösen, mit denen man tagtäglich konfrontiert ist. Aber: Man tut nicht nichts. Man stellt sich jeden Tag den Problemen, so wie sich die Korinther den Unterdrückern gestellt haben, ihren Glauben trotzdem gelebt. In dieser Lesart kann ich „sich ergeben“ schon besser akzeptieren. Hier geht es nicht um ein Kapitulieren, sondern um das genaue Gegenteil, es geht darum mit Leib und Seele sich dem Alltag zu stellen: Mit all seiner Ungerechtigkeit und Traurigkeit.

Zwar leben wir heute nicht in Zeiten von Verfolgung, aber auch unser gesellschaftliches Leben ist in den letzten Jahren immer rauer geworden: Rechtspopulismus, Querdenker und militante Impfgegner mit ihrem vulgären, hetzenden und menschenverachtenden Vokabular machen uns zu schaffen, erfordern Haltung von uns. Aber ob als das nicht genug wäre, fordert die Pandemie von uns Kontaktreduzierung, Einhalten immer neuer Hygieneregeln und eine Entnormalisierung unseres Alltags: das schlaucht und viele fühlen sich leer und einsam. Mit Leib und Seele.

Heute Pandemie – damals Korinth, Paulus weiß, dass soziale Spannungen und körperlich zermürben. Er schreibt:

Unser irdischer Leib ist vergänglich;
er gleicht einem Zelt, das eines Tages abgebrochen wird.
Dann erhalten wir einen neuen Leib,
eine Behausung, die nicht von Menschen errichtet ist.
Gott hält sie im Himmel für uns bereit,
und sie wird ewig bleiben.

 Paulus betont die Vergänglichkeit des Körpers. Wenn unser Körper verletzt ist, wenn wir kraftlos sind, dann haben wir keine andere Chance als uns zu ergeben. Wer krank ist kann nicht kämpfen, kann eine Freundin, einen Freund nicht tragen, auch wenn sie oder er das möchte. Wenn der Körper keine Kraft mehr hat, dann muss man sich ergeben. Paulus weiß, dass der Körper immer die Gefahr läuft Niedrigstand zu haben.

Für Paulus bedeutet „sich ergeben“ zu akzeptieren und in die Zukunft zu blicken:

Wir müssen durch das Leid, aber das Leid ist nicht das Ende, mit dem Tod und dem Ende erhalten wir im Himmel einen neuen Körper bei Gott. Der Anerkennung des Leidens folgt die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Aber ist diese Hoffnung tröstend? – Fragt man den Trierer Philosophen Karl Marx, was Hoffnung sei, wird er antworten: „Hoffnung ist Mangel an Informationen.“

Und wohl oder übel muss man Marx Recht geben: Wenn im Diesseits nur das Leid steht, dann ist das Jenseits nur ein Vertrösten.

Man kann Paulus in diesem Zusammenhang fast schon eine Todessehnsucht unterstellen, wenn er schreibt

Unser Leben auf dieser Erde ist dadurch bestimmt,
dass wir an den Auferstandenen glauben, und nicht, dass wir ihn sehen.

 8 Aber wir rechnen fest damit und würden am liebsten diesen Leib verlassen,

um endlich zu Hause beim Herrn zu sein.

Doch man Paulus an dieser Stelle nicht als einen Ratgeber verstehen, sondern als Jemand, der eine große Verzweiflung spürt, weil er die Ungerechtigkeit der Welt nicht ändern kann, erst recht nicht mit dem Glauben an einen Superhelden-Jesus.

Paulus gibt der Sehnsucht eine Sprache, die trotz Mangel an Informationen, daran glaubt, dass es jenseits der Verzweiflung etwas geben muss. Das ist kein Vertrösten, sondern die Sehnsucht nach einer Versöhnung mit Gott, der Welt, allen Menschen mit dem Hier und Jetzt und dem Himmel.

Diese Sehnsucht verkündet keinen ideologischen Himmel auf Erden, sie gibt keine Ratschläge, keinen Masterplan, keine Agenda vor, sondern sie findet in der Sehnsucht Kraft. Diese Kraft kann im Weinen liegen, im Beklagen der Trauer, sie kann in der Wut liegen, Dinge verändern zu wollen, sie kann im Tatendrang liegen, aber eben nicht in der Resignation. Sehnsucht ist genau das Gegenteil der Resignation.

„sich ergeben“ ist nach Paulus die Entscheidung unseren Niedrigstand, unsere Trauer, unsere Kraftlosigkeit konsequent zu akzeptieren und sie nicht wegzuleugnen. „sich ergeben“ heißt aber auch die Sehnsucht in sich zu finden, nach Versöhnung mit Gott, einem Menschen, einer Krankheit, der Ungerechtigkeit in unserem Leben:

ES GIBT KEIN HAPPY END
NICHT HIER UND NICHT JETZT
ES FOLGEN NUR KUMMER UND LEID
DU TRÄUMST, DASS DAS GUTE DAS BÖSE BESIEGT
UND SO WIRD ES ZUM GLÜCK AUCH MAL SEIN

8) Gesang: O, Herr wenn du kommst, wird die Welt wieder neu  GL 233,1-4 (Jutta Thommes)

9) rbitten (Ralf)

Gott,

der Täufer Johannes fordert uns auf, dir den Weg zu bereiten, die Straßen gerade zu machen – und die Schluchten aufzufüllen.

Umgeben von großen und persönlichen Krisen fehlt vielen von uns die Kraft dazu. Wir fühlen uns überfordert, ausgezehrt, orientierungslos. Wie soll es weitergehen, Gott?

(Stille)*

Die Coronaregeln versteht kein Mensch mehr. Was kommt vom Bund, was vom Land? Was sagen die Wissenschaften und der gesunde Menschenverstand? Die Schlangen vor den Impfzentren und Teststationen werden länger und länger. Und die neue Variante „Omikron“ ist im Anmarsch. Durch unsere vernetzte Welt wird irgendwann auch bei uns ankommen, was irgendwo auf dem Globus entstanden ist. Nein, wir haben die Pandemie nicht im Griff, ganz im Gegenteil. Die Zahlen der Toten steigen dramatisch. Die Impfpflicht kommt wahrscheinlich zu spät und wird uns nicht retten. Wie soll es weitergehen, Gott?

(Stille)

Wieder ist Papst Franziskus im Mittelmeer unterwegs, diesmal auf Zypern und in Griechenland – und er legt den Finger in die Wunde: das Schicksal der unzähligen Geflüchteten – und den Umgang mit ihnen. Die Nachrichten der Gestrandeten in den Wäldern zwischen Belarus und der Europäischen Union sind weniger geworden – gelöst hat sich dort nichts.

Die Botschaft des Evangeliums ist klar: Du darfst niemanden ertrinken lassen! Du darfst niemanden verhungern oder erfrieren lassen. Unsere Regierungen tun aber genau das. Wie soll es weitergehen, Gott?

(Stille)

In unserer Pfarrei sind einige Gruppen und Initiativen zu Ende gegangen. Und es werden noch mehr werden. Es fällt schwer, diese ganz normalen Lebensprozesse zu akzeptieren. Es fällt schwer, eine Form von Kirche sterben zu sehen und zu begraben. So viele Menschen haben mit Herzblut und Begeisterung das kirchliche Leben mitgestaltet. Manche suchen nach Schuldigen für diese Situation – und rauben damit die letzte Energie.

Andererseits gibt es ein Team mit einigen jungen Menschen, die die Zukunft unserer Pfarrei mitgestalten wollen – zum Beispiel im neuen Pfarrgemeinderat. Die Gefahr ist groß, dass sie zerrieben werden zwischen den Erwartungen der Alten – und den Veränderungsprozessen, die sie nicht aufhalten können. Es wäre wunderbar, wenn sie trotzdem Phantasie für die Zukunft entwickeln können. Wie wird es weitergehen, Gott?

(Stille)

Ja, wie wird es weitergehen, Gott?
Auf dem Weg zum letzten Tag? Am letzten Tag?

Der Johannes des Lukas ruft: Was krumm ist, wird gerade, was uneben ist, wird eben – und ganz am Ende werden alle Menschen Gottes Heil schauen.

Amen. So sei es.

10) Vaterunser (Elke Grün)

Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

11) Schlussgebet (Claude Muller)

Herr unser Gott,
wir feiern heute den zweiten Advent –
und vielleicht ist uns gar nicht danach.
Paulus macht uns Mut, tröstet uns, wenn er sagt:
Du sagst JA zu uns – und nimmst des JA nicht mehr zurück.
Ja – zu jedem und jeder von uns – JA zu uns als Gemeinschaft.
Du nimmst dein JA nicht zurück, wenn wir nicht mehr weiterwissen und uns ergeben.
Du nimmst Dein JA auch nicht zurück in der Stunde unseres Todes.
Im Gegenteil: im Himmel gibt es Heimat für uns.
Gut, dass Du da bist.
Amen.

12) Segen (Ralf)

13) Gesang zum Schluss: Wachet auf GL 554,1.3 (Jutta Thommes)

 

ERSTER ADVENT: Niedrigstand. Was tröstet? 2 Kor 1, 1-7

1) Zu Beginn:  Psalm 130 (Ralf/Marc-Bernhard)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Aus der Tiefe rufe ich, HERR, zu dir.

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand (rufend)

Herr, höre meine Stimme! Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand (suchend)

Wenn du, HERR, Sünden anrechnen willst – Herr, wer wird bestehen?

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand (protestiert)

Ich harre des HERRN, meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort. *

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand (verzweifelnd)

Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen;

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand (ergebend)

mehr als die Wächter auf den Morgen hoffe Israel auf den HERRN!

Niedrigstand. Niedrigstand. Niedrigstand.

2) Introitus Ad te levavi

  3) Einstimmung (Ralf)

 Niedrigstand. Der Mittelrhein, im Dezember 2020.
Beängstigend. Als Kind haben wir uns heimlich an den Rhein geschlichen. Das war verboten. Viel zu gefährlich.
Besonders an den Klippen. Da war die Strömung am größten, in einer Kurve.
Heute ist dort der Flussboden zu sehen – Strand.
Da wachsen Sträucher, sogar Bäume, wo früher gefährliche Strudel waren, die allen mitrissen.
Das Wasser fließt – ab – es kommt nicht nach.
Und das im November, einer Regenzeit.
Nein, das ist keine Ausnahme, kein Ausrutscher, kein Ausreißer. Das wird, das ist Normalität.
Niedrigstand.
Wer sind wir, im November 2021?
Zu Beginn des Advents? Was kennzeichnet unser Lebensgefühl?
Niedrigstand – das Wort scheint es ganz gut auszudrücken.

Jede und jeder hat eigene Geschichten.
Corona, Klima, Krankheit, Tod, Abschied, Preissteigerungen, Krieg, Flucht, ach ja und Missbrauch, Vertuschung, Verweigerung in der Kirche –
es fließt nicht mehr, trocknet aus. Niedrigstand.

Ad te levavi animam meam.
Zu dir Gott, hebe ich meine Seele.
Aus der Tiefe.
Erbarme dich, Herr!

4) Kyrie: Tau aus Himmelshöhn GL 158 (Anja Lenninger)

 

5) Gebet (Bruni Werner)

 Gott des Trostes,
zu dir erheben wir unsere Seelen heute, am 1. Advent.
Aus der Tiefe rufen wir zu dir.
Wir sitzen irgendwie im Loch – es geht nichts mehr.
Ja, wir wollen glauben, dass du uns siehst und hörst.
Wir wollen glauben und hoffen.
Aber manchmal, Gott, geht es einfach nicht mehr.
Dann ist Niedrigstand.
Sieh uns an, höre uns, fühle mit uns. Amen.

6) Lesung  2Kor 1,1-7 (Matthias Werner)

Lesung aus dem 2. Korintherbrief

Paulus, den Gott zum Apostel von Jesus Christus berufen hat,
und sein Mitarbeiter Timotheus
schreiben diesen Brief  an die Gemeinde Gottes in Korinth
und an alle in der Provinz Achaja, die zu Gott gehören.

2 Ich wünsche euch Gnade und Frieden
von Gott, unserem Vater,
und von Jesus Christus, unserem Herrn.

3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus!
Er ist der barmherzige Vater,
der Gott, von dem aller Trost kommt!

4 In allen Schwierigkeiten ermutigt er uns
und steht uns bei,
so dass wir auch andere trösten können,
die wegen ihres Glaubens angefeindet werden.
Wir ermutigen sie, wie Gott uns ermutigt hat.

5 Weil wir Christus gehören und ihm dienen,
müssen wir viel leiden,
aber in ebenso reichem Maße
erfahren wir auch seine Hilfe.
6 Deshalb kommt es euch zugute,
wenn wir verfolgt werden,
denn unser Leid dient zu eurer Ermutigung und Rettung.

Und wenn wir getröstet werden,
dann geschieht auch das zu eurem Besten.
Es gibt euch Kraft,
die gleichen Leiden wie wir
geduldig zu ertragen.

7 Darum sind wir zuversichtlich
und haben keine Angst um euch.
Denn ihr werdet zwar leiden müssen wie wir,
aber genauso werdet ihr auch
Gottes Trost und Ermutigung erfahren wie wir.

Hört, was der Geist den Gemeinden sagt!
Dank sei Gott.

7) Evangelium Lk, 21.25-36 (In Auswahl) – Marianne Grandjean

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
25Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen

und auf der Erde
werden die Völker bestürzt und ratlos sein
über das Toben und Donnern des Meeres.
26Die Menschen werden vor Angst vergehen
in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen;
denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

27Dann wird man den Menschensohn
in einer Wolke kommen sehen,
mit großer Kraft und Herrlichkeit.

28Wenn dies beginnt,
dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter;
denn eure Erlösung ist nahe.

34Nehmt euch in Acht,
dass Rausch und Trunkenheit
und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren
und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht

35 wie eine Falle;
denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.

36Wacht und betet allezeit,
damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen
und vor den Menschensohn hintreten könnt!

 8) Ansprache „Was tröstet?“ (Ralf)

 Liebe Schwestern und Brüder,

wie gehen wir um mit dem „Niedrigstand“? Wir kennen unsere Verhaltensmuster: wir ergeben uns, strecken die Waffen, lassen uns widerstandslos treiben – und warten vielleicht auf bessere Zeiten. Oder wir leisten Widerstand: protestieren, lassen uns nicht unterkriegen – tun irgendwas. Da gibt es kein richtig und kein falsch – alles ist vielleicht mal dran.

Gibt es Alternativen? Wo könnten wir die finden?

Paulus ist sicher einer der streitbaren und streitenden Geister im Neuen Testament. Ein Heißsporn, ein leidenschaftlicher Kämpfer – zuerst gegen, dann für Jesus. Ein Eiferer, der alle anderen Lebensziele unterordnet: einen ertragreichen Beruf, eine eigene Familie, einen einflussreichen Posten in einer jüdischen oder auch christlichen Gemeinde, oder auch nur gesundheitliches Wohlergehen.  Das scheint für ihn nicht erstrebenswert gewesen zu sein…

Stattdessen verfolgt er zuerst wie besessen die Jüngerinnen und Jünger Jesu – nach seinem Sturz vom Pferd mit der nachfolgenden Blindheit krempelt er sein Leben um: er deutet den Sturz als intensive Begegnung mit Jesus Christus, dem er von nun an sein Leben widmen will – total, mit Haut und Haar, mit Leidenschaft – und mit Verstand. Rastlos ist er unterwegs im östlichen Mittelmeerraum – er gründet Gemeinden, sucht die Auseinandersetzung, wirbt und streitet für Jesus.

Aber das ist alles nicht so einfach – und läuft nicht so glatt, wie es uns die Apostelgeschichte erzählt. Wenn wir seine Briefe lesen, dann können wir hin und wieder auch seine Gemütslagen erkennen. Und da gibt es eben auch „Niedrigstand“.

Der 2. Brief an die Korinther enthält solche Abschnitte. Es muss unheimlich gekracht haben, dort in Korinth und in der Umgebung – Paulus hatte die Gemeinde gegründet, 3 ½ Jahre dort gelebt – und ist dann weitergereist, vom Geist getrieben.

Aber so eine Gemeinde ist nicht statisch. Es gibt unterschiedliche Charaktere, Meinungen, Richtungen. Zwischendurch sind dann ein paar Wanderprediger aufgetaucht und haben die Leute verrückt gemacht. Sie verkündeten einen „Jesus Christ Superstar“ – mit Wundern und Zeichen, den Auferstandenen – ganz in weiß, mit Macht – ein Gewinner. Zu dem will man ja gern gehören. Und diese Wanderprediger machten Paulus lächerlich: er redet vom Leiden und vom Kreuz Jesu, er verdient als Zeltemacher sein Geld, er ist kein reicher, einflussreicher Religionsdiener – und er hat irgendwelche körperliche Gebrechen.

Paulus bekommt das mit – er reist nach Korinth, sucht die offene Auseinandersetzung, es geht schrecklich schief, angeschlagen und erregt kehrt er nach Ephesus zurück und schreibt seinen Tränenbrief, voller Zorn und Erbitterung. Einer seiner engsten Mitarbeiter, Titus, überbringt den Brief in Korinth. Die Botschaft und der Überbringen überzeugen die Gemeinde – und sie kehren zu dem Glauben zurück, den Paulus ihnen angeboten und vorgelebt hat.

Offensichtlich schreibt Paulus nach der Rückkehr des Titus dann einen weiteren Brief, einen Trostbrief – aus dem wir eben einen kleinen Abschnitt gehört haben.

Wie geht Paulus mit seinem persönlichen „Niedrigstand“ um?

Er reagiert ganz menschlich: Er sucht Trost.

Trost – das ist ein missverständliches Wort geworden, vor allem im Zusammenhang mit dem Glauben. Viele Jahrhunderte lang wurden ganze Generationen durch die christliche Predigt „ver-tröstet“. Haltet die Füße und die Hände still, lehnt euch nicht auf – im Jenseits wird alles besser.
Es ist traurig, dass mit dem Wort viele negative Wörter gebildet wurden: Trostpflaster, Trostpreis, nicht bei Trost sein, schwacher Trost, billiger Trost… Trost im Sinne von Ermutigung, Zuspruch, Überwindung von Resignation – dieser Trost ist uns abhanden gekommen – bzw. ist als religiöse Sprache unglaubwürdig geworden.

Paulus sucht seinen Trost nicht in Worten, sondern in einer Beziehung: in seiner Beziehung zu Gott. Er nennt ihn Gottes des Erbarmens und Gott des Trostes. Diese Beziehung, das einfach, vielleicht auch nur schweigende Dasein verändert erst mal nichts an der Situation – dennoch verändert es viel: zusammen ist man weniger allein… Con-solatio heißt Trost im Lateinischen: Miteinander sein in der Einsamkeit. Das ist ein Anfang.

Ein solcher Trost „tut“ erstmal nichts, sondern ist da. Worte können gefährlich sein, es ist schnell ein Wort zuviel gesagt, und das Vertrauen ist zerstört. Trost braucht die Offenheit, die Öffnung, die durch das „Miteinandersein“ beginnt. Trösten ist mitfühlen, mitleiden, anwesend sein.

Und Trost braucht den Respekt vor der Größe des Leids. Es nützt gar nichts, wenn mir jemand mein Leid, meine Traurigkeit, meine Verzweiflung „weg-erklären“ will, mich vertrösten will. Ich werde meinem Gegenüber nicht vertrauen können.

Das macht Jesus als „Tröster“ glaubwürdig – und Paulus auch. Trost erwächst nicht aus Worten, aus der Erklärung, sondern aus der Erfahrung, dass ich nicht, nicht mehr allein bin. Und es scheint so, als seinen die die glaubwürdigsten Trösterinnen und Tröster, die die „Niedrigstände“ aus eigener Erfahrung kennen – die sie überwunden haben, oder immer noch drinstecken, weil sie Teil des Lebens bleiben.

3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus!
Er ist der barmherzige Vater, der Gott, von dem aller Trost kommt!

4 In allen Schwierigkeiten ermutigt er uns
und steht uns bei,
so dass wir auch andere trösten können.
Wir ermutigen sie, wie Gott uns ermutigt hat.

7 Darum sind wir zuversichtlich
und haben keine Angst um euch.
Denn ihr werdet zwar leiden müssen wie wir,
aber genauso werdet ihr auch
Gottes Trost und Ermutigung erfahren wie wir.

Liebe Schwestern und Brüder,
so ist vielleicht ein erster Schritt im Niedrigstand – sich umzuschauen – nach links, nach rechts, nach oben:
Ist das jemand, der, die mich tröstet? Bin ich für jemanden Trost? Nicht durch meine Worte, sondern durch mein Dasein?
Wir könnten, können eine Gemeinschaft von Tröstenden und Getrösteten sein…

9) Gesang: Tauet Himmel GL 747,1.4 (Anja Lenninger)

10) Fürbitten (Claude)
Fürbittruf: Anja Lenninger

Barmherziger Gott, du begleitest uns durch diese Adventszeit. Vertrauensvoll kommen wir mit unseren Bitten zu dir.

– Wir beten für Menschen, die Tag für Tag ihre Arbeit in den Krankenhäusern und sozialen Diensten tun oder Tag für Tag nach Arbeit suchen. Für alle, die sich ehrenamtlich um andere kümmern.

– Wir beten für alle Menschen, die Angst haben vor der Zukunft. Für Menschen, die Schweres zu tragen haben, die Kranken, die Obdachlosen und die Einsamen.

Kyrie eleison

– Wir beten für die vielen Menschen die ihre Heimat wegen Krieg und Unterdrückung verlassen haben und an den Außengrenzen der EU ausharren. Hilf den Flüchtlingen den Glauben an die Zukunft und an Dich nicht zu verlieren. Schenke ihnen Heimat bei uns.

Lass Gerechtigkeit und Frieden erblühen in den Herkunftsländern, lass sie zu Orten werden, wo genug zum Leben ist.

Kyrie eleison

– Wir beten für die neue Bundesregierung, für alle Frauen und Männer in Politik und Wirtschaft, bei uns in Europa und überall auf der Welt. Dass sie ihre Macht einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit.

Kyrie eleison

– Wir beten für unsere Familien, dass sie in dieser Zeit des Advents füreinander Zeit finden und einander Freude schenken.

Kyrie eleison

– Wir beten um den heiligen Geist in unserer Kirche. Stärke unsere Gemeinschaft untereinander. Bring uns mit deinem Geist in Bewegung und mach uns offen für Veränderungen. 

Kyrie eleison

11) Vaterunser (Marianne Grandjean)

Vaterunser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

12) Schlussgebet (Bruni Werner)

Herr unser Gott,
ein Anfang ist gemacht – der Advent 2021 hat begonnen.
Das Licht, das Wort, das Mahl, die Gemeinschaft
wollen Zeichen des Trostes sein,
den du uns anbietest.
Ob uns das in unserem Niedrigstand in Bewegung bringt?
Wir hoffen es!
Sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.

13) Segen (Ralf)

14) Schlusslied: Morgenstern der finstern Nacht

Zum Mitsingen:

 

Zweiter Advent: Niedrigstand. Sich ergeben? 2 Kor 5,1-8

Dritter Advent: Niedrigstand. Trotzdem widerstehen? 2 Kor 4,1.6-10.16

Advent: Niedrigstand. Zeit der Gnade? 2 Kor 5,17-20; 6,1-10

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