FEIER ZUM PALMSONNTAG 2023 – Texte

Eröffnung und Begrüßung (rs)

Liebe Schwestern und Brüder,
herzliche begrüße ich Euch und Sie heute Abend zur Feier der Heiligen Woche.
Ich bin froh und dankbar, diesen Abend und hoffentlich auch die kommenden Tage mit Euch zu feiern.
Ich habe in den letzten Wochen und Monaten am eigenen Leib erlebt,
wie zerbrechlich das Leben ist – wie schnell alles, vieles anderes sein kann…

Ich habe aber auch erlebt, dass ein tragfähiges Netz da ist, das mich, uns aufgefangen hat – ein Netz der Liebe, der Hilfsbereitschaft – ein Netz von Menschen, die sich kümmern…. auf ganz unterschiedliche Weise.

Stellvertretend für die vielen in diesem Netzwerk begrüße ich Ulrich von Plettenberg, der zusammen mit vielen anderen seinen Beitrag geleistet hat, dass die Pfarrei St. Matthias, die Katholische Gehörlosengemeinde und sredna-herzjesu lebendig waren und sind – und sein werden.

Ich kann Euch gar nicht sagen, wie gut es tut – zu wissen,
dass Menschen da sind, die sich kümmern….

Meine, unsere Lebensgeschichte spiegelt sich in der Lebensgeschichte Jesu – und umgekehrt: seine Erfahrung kommt in unserem Leben vor.
Am Anfang der Heiligen Woche steht sein Einzug in Jerusalem.

Es gibt die Sehnsucht, dass einer kommt,
der mit starker Hand und Kraft und Geist alles gut macht:
ein guter König, ein guter Hirt, ein Erlöser, ein Heiland, ein Retter.
Einer, der den ganzen Schlamassel aus der Welt schafft,
der die Existenz unserer Erde bedroht,
den wir selbst angerichtet haben,
einer, der uns die Last unseres Leidens nimmt,
die Angst, die Sorgen, die Verzweiflung, den Tod…
einer, der uns gut will und guttut,
der Gerechtigkeit und Frieden aufrichtet, Wohlergehen für alle.

Das Volk sieht in Jesus diesen Menschen,
diesen Gesandten Gottes, den Messias.
Gewaltfrei kommt er nicht mit dem Panzer,
sondern auf einer Eselin,
er sitzt nicht in einer gepolsterten Limousine,
sondern auf den Kleidern der einfachen Leute.
Sie werfen ihre Kleider sogar auf seinen Weg –
reißen Zweige ab und streuen sie –
voller Sehnsucht und Hoffnung,
dass er es ist, der Rettung bringt.

Bescheiden ahmen wir sie nach, die einfachen Leute von Jerusalem.
Unsere Kleider lassen wir an, zu kühl ist es in unserer Kirche.
Einen einfachen Buchszweig halten wir in den Händen:
wir werfen ihn nicht auf den Weg –
sondern nehmen ihn als Kostbarkeit mit nach Hause.
Möge der Zweig Ausdruck unserer Sehnsucht und Hoffnung sein,
dass – mit Jesus – alles gut wird!

Evangelium vom Einzug Jesu nach Matthäus (rs)

 Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte
und nach Bétfage am Ölberg kam,
schickte er zwei Jünger aus
2und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt;
dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden
und ein Fohlen bei ihr.
Bindet sie los und bringt sie zu mir!
3Und wenn euch jemand zur Rede stellt,
dann sagt: Der Herr braucht sie,
er lässt sie aber bald zurückbringen.
4Das ist geschehen,
damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist:
5Sagt der Tochter Zion:
Siehe, dein König kommt zu dir.
Er ist sanftmütig
und er reitet auf einer Eselin
und auf einem Fohlen,
dem Jungen eines Lasttiers.
6Die Jünger gingen
und taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte.
7Sie brachten die Eselin und das Fohlen,
legten ihre Kleider auf sie
und er setzte sich darauf.
8Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus,
andere schnitten Zweige von den Bäumen
und streuten sie auf den Weg.
9Die Leute aber, die vor ihm hergingen
und die ihm nachfolgten, riefen:
Hosanna dem Sohn Davids!
Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe!
10Als er in Jerusalem einzog,
erbebte die ganze Stadt
und man fragte: Wer ist dieser?
11Die Leute sagten:
Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

Einführung in die Matthäus-Passion (rs)

 10 Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt
und man fragte: Wer ist dieser?
11 Die Leute sagten:
Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.
12 Jesus ging in den Tempel
und trieb alle Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus;
er stieß die Tische der Geldwechsler
und die Stände der Taubenhändler um 13 und sagte zu ihnen: Es steht geschrieben:
Mein Haus soll ein Haus des Gebetes genannt werden.
Ihr aber macht daraus eine Räuberhöhle.
14 Im Tempel kamen Lahme und Blinde zu ihm und er heilte sie.
Mt 21

Der Einzug Jesu in Jerusalem hat ein Ziel:
Er endet nicht einfach hinter dem Tor,
löst sich dann auf – wie der Fastnachtszug –
er endet nicht irgendwo auf einem Markt – er endet im Tempel.

Auf dem Höhepunkt der Sympathie des Volkes
greift Jesus den Tempel und seine Organisation an.
Das war das Ziel seines Einzugs in Jerusalem.

Der Tempel hat ein Geschäftsmodell:
Opfer aller Art – vermittelt durch die Priesterschaft, die sich dadurch finanziert – schaffen sicheren und verlässlichen Zugang zu Gott für das Volk.
Win – Win – Win: ein Gewinn für die Leute, für die Priester und für Gott.

Jesus zerstört das Geschäftsmodell –
und nimmt vordergründig den einfachen Leuten ihre Sicherheit.
Er kommt nicht als König, sondern als Prophet:
Er hat nur eine Leidenschaft:
Die Größe Gottes anerkennen und ehren –
und seine unendliche Liebe für alle einzelnen Menschen verkünden,
die keine Tempel braucht und keine Opfer.

Wie hatte es Jesus der Frau am Jakobsbrunnen gesagt (vgl. Joh 4):
„Die Stunde kommt – und sie ist schon da,
zu der die wahren Beter*innen den Vater anbeten –
im Geist und in der Wahrheit!
Gott ist Geist –
alle, die ihn anbeten tun das im Geist und in der Wahrheit.“

Im Geist… und in der Wahrheit… Gott anbeten .
Mit Gott in Beziehung sein –
Unmittelbar – nicht vermittelt durch eine religiöse Organisation,
geistvoll – nicht unterjocht durch Vorschriften und Opfer,
wahr, ehrlich, aufrichtig – von Gott gesehen bis in das Innerste hinein –
gebrochen, zerrissen, vielleicht. Ohne Fassade und Hintertür.

Für eine solche Beziehung zu Gott steht Jesus ein.
Mit seinem Leben.

Zu einer solchen Beziehung mit Gott lädt Jesus ein:
Die Pharisäer und Schriftgelehrten, die Frau mit dem Alabastergefäß,
den Judas, den Petrus, die anderen der Zwölf,
den Pilatus, die Soldaten, den Mann aus Zyrene,
den Hauptmann, Josef aus Arimathäa,
die beiden Marien – und die anderen Frauen.

Wer von ihnen geht sie ein: die persönliche Beziehung zu Gott.
Im Geist und in der Wahrheit?
Ihr? Sie? Ich?

Das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus nach Matthäus.

Fürbitten

 Herr Jesus Christus,
Sohn Gottes, König und Prophet.
Bei deinem Tod zerriss der Vorhang im Tempel –
und markierte so Ende und Anfang.
Zu dir kommen wir mit unserer eigenen Zerrissenheit
und unserer Sehnsucht nach neuem Anfang.

Zerrissen ist unsere Welt –
in arm und reich,
mächtig und ohnmächtig,
in verschwenderisch und nachhaltig,

Die Zeichen der Zeit lass uns erkennen –
Ende und Anfang.

Lasset zum Herrn uns beten: Herr, erbarme dich….

Zerrissen ist unsere Kirche –
in traditionell und modern,
in ausschließend und inklusiv,
in amtsbezogen und in gemeinschaftsorientiert.

Die Zeichen der Zeit lass uns erkennen –
Ende und Anfang.

Lasset zum Herrn uns beten: Herr, erbarme dich….

Zerrissen ist unser persönliches Leben –
in gesund und krank,
in verzweifelt und hoffend,
in lebensmüde und aufbruchsbereit.

Die Zeichen der Zeit lass uns erkennen –
Ende und Anfang.

Lasset zum Herrn uns beten: Herr, erbarme dich….

 Wahrhaftig, Jesus,
du bist Gottes Sohn –
unser Herr und Bruder und Freund.
Du führst zusammen, was getrennt ist.
Wir preisen dich – komme, was kommt. Amen.

Einstimmung in die Heilige Woche (rs)

Der Anfang ist gemacht.
Die Feier der Heiligen Woche hat angefangen.
Auf der Suche nach einem roten Faden
für dieses Jahr
bin ich auf ein Chanson des Belgiers Jacques Brel gestoßen –
in der deutschen Übertragung von Klaus Hoffmann,
das tief in meinem Herzen lebt –
seit vielen Jahren und Jahrzehnten.

Und es hat mich geradezu umgehauen,
wie sehr das Chanson unbeabsichtigt ins Wort bringt,
was wir in diesen Tagen feiern.

Die Heilige Woche ist wie eine große Reise –
die uns am Ende nach Hause treibt,
die uns den Himmel zeigt.

Der Weg dorthin ist steinig –
und doch auch voller Wunder –
sogar an den Stätten der Hässlichkeit,
wo wir sie nie erwartet hätten.

Armut begegnen wir –
Erbärmlichkeit begegnen wir –
Allem Leid dieser Welt begegnen wir,
den Kanonen und den Kriegstrommeln.

Und doch auch wieder der Wärme und der Zärtlichkeit,
dem Gebet, dem Tanz, dem Lied,
der kleinsten Chance – in aller Unmöglichkeit.

Seit der großen Abschiedsrede Jesu,
die Johannes verfasst hat,
sind wir diejenigen,
die seine Liebe geerbt haben.
Wir sind seine Liebe.

Das feiern wir in den vor uns liegenden Tagen –
gegen unsere Erfahrung und die Botschaften um uns herum.
Weil am Ende nichts als Liebe bleibt,
wird uns die neue Welt gehören,
werden wir Teil der neuen Welt sein –
werden wir diese neue Welt sein.

Herzliche Einladung zur Mitfeier der Österlichen Tage!

Klaus Hoffmann, Wenn uns nur Liebe bleibt
https://youtu.be/4f132l4HDz8

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