4. Sonntag in der Fastenzeit: SCHWEIGEND AUGEN ÖFFNEN am 09.03.2024 . Lesungen, Lieder, Texte

INTROITUS

Christian Lehnert, Passions-Salve an die leidenden Glieder Christi.
An die Hände

Sie greifen wie in Ton, den weißen Mond
zu krümmen, der hineinschwingt in den Tag.
Gelenke dick, was um die Nägel lag,
durchdrang mich wie ein Traum: Bin noch verschont,

bin noch am Reden, eine feine Kruste
deckt meine Augen zu, ich schlafe nicht,
ich bin nur ausgehöhlt vom Tageslicht
und hab verloren, was ich von mir wusste.

Ich kann von dem, was um mich war, nur Hände,
genagelt an ein rohes Holz, erinnern.
Sie fassen mich, wohin ich mich auch wende,
sie lassen schnell verschwimmen, was ich hoffe.

Sie kennen keine Ruhe, kein Verrinnen,
und was das Sterben leerte, liegt jetzt offen.

ERÖFFNUNG – BUSSAKT – KYRIE – TAGESGEBET

 P: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

P:  Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus,
der uns zu seinen Geschwistern gemacht hat
die Liebe Gottes, der uns Vater und Mutter ist
und die Kraft des Geistes, die von beiden ausgeht,
sei mit euch.

Und mit deinem Geist.

P: Zu Beginn der Gedächtnisfeier unserer Erlösung
bekennen wir, dass wir sündige Menschen sind –
und dass wir uns schuldig macht haben –
in Gedanken, Worten und Taten –
und in dem, was wir nicht getan haben.

Schuldbekenntnis: Ich bekenne Gott….

 Vergebungsbitte

P: Gott, barmherzig und allmächtig,
erbarme dich uns,
unsere Schuld wirf hinter deinen Rücken
und führe uns wieder auf den Weg des Lebens.
Darum bitten wir und dafür danken wir
jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Kyrie

P: Kyrie, eleison. Kyrie eleison.

P: Christe, eleison. Christe eleison.

P: Kyrie, eleison. Kyrie, eleison.

Tagesgebet

 Herr, unser Gott,

du hast in deinem Sohn die Menschheit
auf wunderbare Weise mit dir versöhnt.
Gib deinem Volk die Kraft,
aus dieser Versöhnung zu leben –
und selbst ein Zeichen der Versöhnung
in dieser Welt zu werden.
Darum bitten wir durch Christus unsern Herrn.

WORT GOTTES

 Erste Lesung

aus dem zweiten Buch der Chronik. (Birgit Müller)

In jenen Tagen
14 begingen alle führenden Männer Judas
und die Priester und das Volk viel Untreue.
Sie ahmten die Gräueltaten der Völker nach
und entweihten das Haus,
das der Herr in Jerusalem zu seinem Heiligtum gemacht hatte.

15Immer wieder hatte der Herr, der Gott ihrer Väter,
sie durch seine Boten gewarnt;
denn er hatte Mitleid mit seinem Volk und seiner Wohnung.
16Sie aber verhöhnten die Boten Gottes,
verachteten sein Wort
und verspotteten seine Propheten,
bis der Zorn des Herrn gegen sein Volk so groß wurde,
dass es keine Heilung mehr gab.

19Die Chaldäer verbrannten das Haus Gottes,
rissen die Mauern Jerusalems nieder,
legten Feuer an alle seine Paläste
und zerstörten alle wertvollen Geräte.
20Alle, die dem Schwert entgangen waren,
führte Nebukadnézzar in die Verbannung nach Babel.
Dort mussten sie ihm und seinen Söhnen als Sklaven dienen,
bis das Reich der Perser zur Herrschaft kam.

21Da ging das Wort in Erfüllung,
das der Herr durch den Mund Jeremías verkündet hatte.
Das Land bekam seine Sabbate ersetzt,
es lag brach während der ganzen Zeit der Verwüstung,
bis siebzig Jahre voll waren.

22Im ersten Jahr des Königs Kyrus von Persien
sollte sich erfüllen,
was der Herr durch Jeremía gesprochen hatte.
Darum erweckte der Herr
den Geist des Königs Kyrus von Persien
und Kyrus ließ in seinem ganzen Reich
mündlich und schriftlich den Befehl verkünden:
23So spricht Kyrus, der König von Persien:
Der Herr, der Gott des Himmels,
hat mir alle Reiche der Erde verliehen.
Er selbst hat mir aufgetragen,
ihm in Jerusalem in Juda ein Haus zu bauen.
Jeder unter euch, der zu seinem Volk gehört
— der Herr, sein Gott, sei mit ihm —,
der soll hinaufziehen.

 Gemeindelied: O Herr, nimm unsre Schuld GL 273,1-4 (A)

 Zweite Lesung (Petra Weiland)

Lesung
aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Éphesus.

Schwestern und Brüder!
4Gott, der reich ist an Erbarmen,
hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren,
in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat,
zusammen mit Christus lebendig gemacht.
Aus Gnade seid ihr gerettet.
6Er hat uns mit Christus Jesus auferweckt
und uns zusammen mit ihm
einen Platz in den himmlischen Bereichen gegeben,
7um in den kommenden Zeiten
den überfließenden Reichtum seiner Gnade zu zeigen,
in Güte an uns durch Christus Jesus.

8Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet,
nicht aus eigener Kraft
— Gott hat es geschenkt —,
9nicht aus Werken,
damit keiner sich rühmen kann.
10Denn seine Geschöpfe sind wir,
in Christus Jesus zu guten Werken erschaffen,
die Gott für uns im Voraus bestimmt hat,
damit wir mit ihnen unser Leben gestalten.

 

Aus dem Evangelium nach Johannes  (Ulrich von Plettenberg)

In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodémus:
14Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat,
so muss der Menschensohn erhöht werden,
15damit jeder, der glaubt,
in ihm ewiges Leben hat.
16Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt,
dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht,
sondern ewiges Leben hat.
17Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,
damit er die Welt richtet,
sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
18Wer an ihn glaubt,
wird nicht gerichtet;
wer nicht glaubt, ist schon gerichtet,
weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes
geglaubt hat.
19Denn darin besteht das Gericht:
Das Licht kam in die Welt,
doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht;
denn ihre Taten waren böse.
20Jeder, der Böses tut,
hasst das Licht
und kommt nicht zum Licht,
damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.
21Wer aber die Wahrheit tut,
kommt zum Licht,
damit offenbar wird,
dass seine Taten in Gott vollbracht sind.

 Predigt (Ulrich von Plettenberg)

Fürbitten (Cornelia Balzer)

Predigt zum 4. Sonntag in der Fastenzeit B 2021 (Ralf Schmitz)
Predigtreihe zum Fürbittenden Gebet

Liebe Schwestern und Brüder!

In unserem Weg zur Erneuerung unseres Fürbittgebets begegnen wir heute der dritten Frage: Was will Gott?

Wissen noch die erste und die zweite?
Die erste Frage: Erhört uns Gott?
Die zweite Frage: Greift Gott ein?
Und heute: Was will Gott?

Was Gott will, haben wir in der Lesung aus dem Epheserbrief klar und deutlich gehört:

Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat,
5 auch uns, die wir tot waren in den Sünden,
uns mit Christus lebendig gemacht –
aus Gnade seid ihr gerettet.

Und noch extremer im Evangelium:
Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat (Joh3,16). – und das sagt der Sohn, der sich selbst hingibt.

Oder ganz kurz im 1. Johannesbrief Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.
Wirklich eine Gute Nachricht, eine Frohe Botschaft.

Aber: passt sie zu unseren Erlebnissen, unseren Erfahrungen, zu den Erfahrungen von unendlich vielen Menschen in Leid und Not?

Was erlebt eine geflüchtete Familie im Schlamm und Morast auf der griechischen, europäischen Insel Moria? Was erlebt ein Mensch mit Corona auf einer Intensivstation, der unter Atemnot und Fieber um sein Leben kämpft? Was fühlen seine Angehörigen, die ihn nicht besuchen dürfen? Was empfindet die Familie, die den Druck von Home Schooling und Home Office nicht mehr aushält, die sich einfach nur noch gegenseitig auf den Geist geht und kurz vorm Durchdrehen steht? die Reihe lässt sich endlich fortsetzen…

Sind die Zweifel nicht berechtigt, ob den Gott wirklich die Liebe ist und seinen Sohn hingegeben hat, dass wir aus seiner Gnade gerettet sind? Stimmt das? Was will Gott überhaupt?

Und welchen Sinn macht denn da das Fürbittgebet?

Glauben – Zweifeln – Vertrauen

Ich meine, es ist keine Lösung, diesen Fragen aus dem Weg zu gehen – und sie einfach zu ignorieren. Sie gehören zum Glauben dazu.

Der tschechische Priester Tomas Halik wird nicht müde, genau das zu betonen: „Ich bekenne mich zu einem Glauben, der die Prüfung des Feuers, die Kritik der atheistischen Philosophen und zahlreiche Krisen durchging. Streiten und Ringen mit Gott sind innerhalb der Welt des Glaubens möglich, und nur dort.

Wenn uns angesichts des Bösen Zweifel und Empörung schütteln, dann helfen uns keine spitzfindigen Theorien weiter; andere Götter sind unzuverlässig, nichtig; und die Leugnung Gottes hilft auch nicht viel weiter. Doch der lebendige Gott ist Ansprechpartner für solche Fragen.“

Also, bleiben wir dran – an diesen Fragen.

Wir erleben unser Gebet, unser fürbittendes Gebet zuweilen als sinnlos. Warum soll ich für andere beten, wenn Gott die Bitten nicht erhört? Und wenn es denen, für die gebetet wird, auch nicht besser geht? Immer wieder taucht diese Frage als das Grundrauschen, als Tinnitus, des Glaubens auf.

Wenn Gott die Liebe ist, dann weiß er doch sowieso schon alles, dann muss ich doch davon ausgehen, dass die Dinge, so wie sie sind, in seinen Augen gut und richtig sind.

Kann denn das Gebet den Schöpferwillen Gottes ändern und ist das überhaupt notwendig?

Wie passen denn die Freiheit der Menschen und die Freiheit Gottes zusammen? Stehen sie in Konkurrenz, ergänzen sie sich?

Oder ist das Gebet doch nur Selbstgespräch, Selbstmotivation, wenn es letztlich doch von uns Menschen, von meinem persönlichen Leben, von meiner Einstellung und meinen Taten abhängt, was auf der Erde geschieht und was nicht? Ist nicht das beste Gebet einfach die gute Tat?

 Immer wieder sind wir in den letzten Wochen an diese Fragen gestoßen. Immer wieder standen wir letztlich vor dem Geheimnis Gottes. Und es um die Frage: Kann ich Gott trauten, trotz und mit den Fragen?

Die Perspektive des Reiches Gottes

Es gehört zu den fundamentalen Grundsätzen unseres Glaubens, dass Gott die Liebe ist – und dass er die Welt und uns aus Liebe erschaffen hat.  Zu dieser Grundbotschaft gehört auch, dass am Ende, ganz am Ende das Reich Gottes sein wird, der neue Himmel, die neue Erde – und dass sich die Schöpfung in ihrer Geschichte und in unseren Geschichten auf dieses Ende zubewegt. Allen möglichen Gegenerfahrungen zum Trotz!

Fürbittendes Gebet darf diese Verheißung, diese Hoffnung nie aus den Augen verlieren. Das ist der Rahmen der Bitten. Das Reich Gottes dürfen wir als endgültige Erhörung unserer Bitten erwarten. 

Fürbittendes Gebet setzt die Bereitschaft voraus, sich mit dem Willen Gottes, mit der Vision des Reiches Gottes, auseinanderzusetzen und sie anzunehmen. Wenn wir das nicht tun, dann landen wir am Ende nur bei uns selbst und unseren Vorlieben und Wünschen.

Fürbittendes Gebet hat seinen Sinn darin, unser Herz und unseren Verstand auf dieses Reich Gottes hin zu öffnen, und unser Beten und Handeln von daher prägen und bestimmen zu lassen.

Eine Veränderung unseres Lebenswandels hin zum Reich Gottes verändert nicht Gott, sondern die Geschichte unseres Lebens und die Geschichte der Welt. Darum geht es, das ist Art und Weise, wie Gott wirkt. In uns – und durch uns.

Fürbittendes Gebet setzt Ehrlichkeit mit sich selbst voraus: einen ehrlichen Blick auf unsere Gebrochenheit, auf unsere Bedürftigkeit, einen realistischen Blick auf das Scheitern, auf die eigene Trägheit – und Mutlosigkeit.

Fürbittendes Gebet steht auch zu der eigenen Ratlosigkeit. Schon Paulus schreibt im Römerbrief, dss wir nicht wissen, um was wir in rechter Weise beten sollen (Röm 8,26).

Fürbittendes Gebet soll sich kurz fassen, Jesus selbst in der Bergpredigt sagt, unmittelbar, bevor er seine Jünger*innen das Vaterunser beibringt: Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. 9 (Mt 6,7-9). Das wird uns gleich am Aschermittwoch zu Beginn der 40-Tage-zeit eingeschärft.

Wobei ich nicht weiß, ob wir heute nicht genauso in der Gefahr stehen, gar keine Worte mehr zu machen. Beides trifft wohl zu.

Menschliche Freiheit und Wille Gottes

Die Voraussetzung für das Fürbittgebet ist das Vertrauen auf den Schöpfergott, der die Liebe ist – und der uns die Freiheit geschenkt hat: nur in Freiheit können wir auf die zuvorkommende Liebe antworten. Am Anfang ist die Beziehung – sagt Martin Buber. Im Gewähren der Freiheit zeigt sich seine Allmacht.

Und indem wir auf diese Freiheitsangebot antworten – mit unserem Tun, mit unseren Denken und Beten – verändert uns die Beziehung zu Gott und verändert sich der Lauf der Geschichte. Wir erfüllen den Willen Gottes – in aller Freiheit.

Jesus Christus

Wie das gehen kann, sehen wir im Menschen Jesus von Nazareth. In der Taufe im Jordan erfährt er den Anruf Gottes, Gottes Geist beginnt in ihm zu wirken – der treibt ihn in die Wüste – dort  sortiert Jesus sich (modern gesprochen) – er trifft in völliger innerer Freiheit die Entscheidung, sich ganz dem Reich Gottes zu verschreiben.

Ab dann entscheidet er sich immer wieder in alltäglichen Situationen für das Reich Gottes: er redet und tut und betet… Auch in Galiläa verändert er die Lebensgeschichten von Menschen – und damit auch die große Geschichte der Welt.

Dann kommt es in Jerusalem zu seiner großen Entscheidung: er steht mit seinem Leben ein für das Reich Gottes, so wie er es erlebt, verstanden und sicher auch durchbetet hat, im Angesicht Gottes, davon mehr zum nächsten Sonntag, dem Passionssonntag.

Jesus trifft seine Entscheidung in zwei bewegenden Gebetssituationen: im Ölgarten und am Kreuz. Und mit dieser durchgetragenen freien Entscheidung verändert er die Geschichte. Durch die freie Entscheidung Jesu rettet Gott die Welt. So hängen der Wille Gottes und die Freiheit von uns Menschen zusammen.

Und um auch das klar zu sagen: Auch Jesus kannte den Zweifel und die Anfechtung – bis hinein in die allletzten Stunden seines Lebens. Auch Jesus musste sich immer wieder zu diesem Weg entscheiden – und auch er hatte die Hoffnung, dass sein Weg jenseits des Todes von Gott bestätigt wird.

Er war – außer der Sünde – in allem uns gleich! (Hebr 4,15).

 Liebe Schwestern und Brüder,

es hilft uns zu einem neuen Fürbittgebet, uns den Weg Jesu vor Augen zu führen – und ihm zu folgen.

Unzählige Menschen haben das auch versucht, im Lauf der Geschichte. Vielleicht findet Ihr/finden wir uns wieder in einem Gebet von Dag Hammerskjöd:

,Du, der über uns ist,
Du, der einer von uns ist,
Du, der ist -auch in uns;
dass alle dich sehen –
auch in mir, dass ich den Weg bereite für dich,
dass ich danke für alles, was mir widerfuhr.
Dass ich dabei nicht vergesse der anderen Not.

Behalte mich in deiner Liebe,
so wie du willst, dass andere bleiben in der meinen.
Möchte sich alles in diesem meinem Wesen
zu deiner Ehre wenden,
und möchte ich nie verzweifeln.

Denn ich bin unter deiner Hand,
und alle Kraft und Güte sind in dir.
Gib mir einen reinen Sinn – dass ich dich erblicke,
einen demütigen Sinn – dass ich dich höre,
einen liebenden Sinn – dass ich dir diene,
einen gläubigen Sinn – dass ich in dir bleibe. Amen

 

 

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