EINGELADEN SEIN TUT GUT !?! Predigt und Fürbitten zum 28. Sonntag im Jahreskreis A, 12. Oktober 2023

Herz-Jesu-Fest 2023

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

„Eingeladen sein tut gut!“ So hieß ein Kommunionkurs, den ich gern benutzt habe. Er klingt sympathisch – und knüpft an einer Grunderfahrung, an einer Sehnsucht an! „Eingeladen sein tut gut!“

Wenn ich das heutige Evangelium lese oder höre beschleichen mich Zweifel. Eingeladen sein tut nicht immer gut! Oder vielleicht gar nicht!  Im Gegenteil. „Eingeladen sein macht Stress!“

Die ausgeschlagene Einladung….

 Das werden sich jedenfalls der Männer gedacht haben, die lieber auf ihren Acker gegangen sind, oder in ihren Laden. Die nicht zu dem Hochzeitsfest des Königssohnes gehen wollten. Von Matthäus erfahren wir nichts über die Gründe, warum sie nicht auf  dieses Fest gehen wollten; warum sie die Einladung ablehnten – ja sogar die Sklaven töten, die Einladung überbrachten. Da stimmt doch was nicht.

Der brutale König…

Wenn man diesen König so betrachtet, dann können wir uns vorstellen, warum da keiner hingehen wollte. Er wirkt brutal, gewaltsam. Er duldet offensichtlich kein „Nein“. Er scheint ziemlich selbstherrlich und cholerisch zu sein. Er ist gekränkt, weil seine Einladung ausgeschlagen wird. Er schickt sein Heer, lässt die Mörder seiner Sklaven töten und legt die ganze Stadt in Schutt und Asche legen, also auch viele Unbeteiligte, die damit gar nichts zu tun haben. Unvermeidlich gehen unsere Gedanken nach Gaza – in das Grenzgebiet auf beiden Seiten. Rache und Hass regieren – und kosten tausende Unbeteiligte das Leben. Die Menschen im 1. Jahrhundert werden an die Zerstörung Jerusalems durch die römische Besatzungsmacht gedacht haben… Es war eben doch nicht nur ein Gleichnis, ein Märchen, das Jesus erzählte…

Trotz des brutalen Gewaltausbruchs ist dem König die Lust am Feiern noch nicht vergangen. Ob das wirkliche Feierlaune war? Oder – Trotz? „Ich bin der König – ich bestimme, wann gefeiert wird und wann nicht!“ Er lädt dann die von den Hecken und Zäunen ein, die Leute von der Straße – die Gewöhnlichen,  die „Zweite Wahl“. Gute und Böse. Eine seltsame Festgesellschaft.

Zum Schluss schlägt der König aber dann nochmal zu: ein Mann ohne hochzeitliches Gewand wird auch noch mal Ziel eines Wutausbruchs: er wird in die äußerste Finsternis geworfen, wo er heuen und mit den Zähnen knirschen muss… In die Hölle also, was auch immer und wo auch immer das sein mag.

Ich kann alle verstehen, die da nicht hingehen wollen – die sich verdrücken, in der Hoffnung, dass es nicht auffällt. Weil sich aber wohl alle verdrücken, fällt es auf – und ruft diese brutale Reaktion hervor. Diese Hochzeitsfeier ist kein Fest – sondern Machtgebaren eines despotischen Herrschers.

Das ist ja kein sympathischer Bräutigamsvater, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichten will – sondern ein brutaler Despot, der seine Macht bei einem solchen Gastmahl zum Ausdruck bringt, vielleicht ein römische Statthalter, ein jüdischer König, oder ein Hoherpriester oder einer der Ältesten des Volkes… Die spricht Jesus ja an.

Im Markus-Evangelium wird ausführlich von einem solchen Gelage berichtet. Der Gastgeber ist  König Herodes. Er lädt die Würdenträger, die hohen Militärs und die lokalen Größen zu seinem Geburtstag ein. Bei diesem Fest wird Johannes der Täufer auf Befehl des Königs ermordet. Sein Kopf wird auf einer Servierplatte herein getragen – als Ergebnis einer Intrige seiner Schwägerin Herodias, die ihre Tochter Salome öffentlich vortanzen lässt und als Mordkomplizin benutzt. (Mk 6,17-29).

Zu einem solchen Fest geht man woh nur, wenn man Nutznießer dieser Gesellschaft ist oder sein will – oder eben aus purer Angst, um das eigene Leben oder das Leben seiner Lieben nicht zu gefährden.

Wer ist Gott in diesem Gleichnis und wer nicht?

Auf diesem Hintergrund schiebt sich eine Frage unaufhaltsam in unser Bewusstsein. Wer ist denn eigentlich Gott in dieser Geschichte? Wo steht Gott? Und was will Jesus uns damit über das Himmelreich sagen?

 Eine Antwort fällt aus – die Antwort, mit der die meisten von uns in die Geschichte hinein gegangen sind: Gott ist der Gastgeber, der König.

Das kann und darf nicht sein – auf dem Hintergrund der Verkündigung und des Lebens Jesu. Jesus distanziert sich von der Gewalt und dem Machtmissbrauch der Herrschenden, die sich auch in solchen Festmählern zeigt.

Als sich seine Jünger selbst in Machtstreitigkeiten verstricken, sagt Jesus: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sonder wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein. Und wer bei euch der Erste sein will, der soll euer Sklave sein. Denn auch der Menschsohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.  (Mt 20, 25-28).

Vielleicht will Jesus genau das den Hohenpriestern und Schriftgelehrten (und allen, die ihre Funktion in unserer Kirche angetreten haben) sagen: Wenn ihr euch verhaltet wie dieser König, dann seid Ihr nicht auf der Seite Gottes! Gott hat ein ganz anderes Mahl im Sinn – der Prophet Jesaja hat es beschrieben.

Eingeladen sein tut gut. Sehr gut.

Am Ende der Tage werden die VIELEN VÖLKER gerufen, zusammen mit AUSERWÄHLTEN VOLK Israel: Sie werden alle gemeinsam am Tisch sitzen – Gott selbst wird ein Festmahl für alle geben, mit feinsten Speisen und erlesensten Weinen.

Brutale Gewaltanwendung wird es da nicht geben. Da wird niemand umgebracht, keine Sklaven, kein Sohn, keine Unschuldigen, und keine Schuldigen. Im Gegenteil, der Tod wird für immer beseitigt sein.

Gott der Herr wird die Tränen abwischen von jedem Gesicht, von jedem! Er wird die Schande wegnehmen – auch von dem, der kein hochzeitliches Gewand trägt.

Und wir werden sagen: Das ist Gott, auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine Rettung.

Liebe Schwestern und Brüder,

wie wir diese Geschichte aus dem Matthäusevangelium und die Geschichten der letzten Sonntage lesen, werfen sie alle dieselbe Frage auf: Welches Bild haben wir von Jesus – und von dem Gott, den er „Abba“ nennt.

Ich kann mir vorstellen, dass in manchen Kirchen heute ein anderer Gott gepredigt wird, der genauso ist wie der König – der sich nicht für dumm verkaufen lässt, der seine Herrschaft durchsetzt – wenn es sein muss auch mit Gewalt. Der mit sich nicht „das Biest“ machen lässt. Und das wird den Zuhörenden gut tun.

An einen solchen Gott kann und will ich nicht glauben – auch wenn das Bild vom „lieben Gott“ sicher zu klein und harmlos und niedlich ist. Auch Jesus bleibt von Gewalt nicht verschont, nicht vom Tod – und wie sein Vater dazu steht und was er damit zu tun hat, ist keine leichte Frage.

Dennoch glaube ich zutiefst daran, dass am Ende, ganz am Ende, wir von Gott in die Arme geschlossen werden, egal welches Gewand wir tragen – dass der Bräutigam selbst bei unserer Ankunft das Feuer in der Küche nochmal anmacht, uns alle Platz nehmen lässt am Tisch – und uns, die Knechte und die Mägde, der Reihe nach bedient, wie es im Lukasevangelium heißt. An diese Einladung glaube ich, auf sie hoffe ich.

Und: Ja, eingeladen sein zu einem solchen Fest tut gut. Sehr gut!


Fürbitten

Dunkle Wolken, Gott,

sind über Deiner Welt und Schöpfung zu sehen.

Sie machen Angst und zeigen unsere Ohnmacht.

Dunkle Wolken über Israel und dem Gazastreifen.

Finstere Nacht. Am helllichten Tag.
Hamas macht tausende von Zivilisten zu Opfern der Gewalt.

Tote, verschleppte Frauen und Kinder.

Millionen werden durch die israelische Gegenwehr in die Flucht getrieben. Wohin sollen sie fliehen?

(Stille)

Dunkle Wolken über unseren Städten.

Der Terror von Hamas wird gefeiert. 

Menschen jüdischen Glaubens werden angefeindet.

Und das alles bei uns – nach Holocaust und Vernichtung.

Was können wir für einen gerechten Ausgleich der Interessen im Nahen Osten tun?

Wie können wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken?

Haben wir die Augen vor dem verschlossen, was in unserer Gesellschaft gärt?

(Stille)

Dunkle Wolken über dem Osten Europas.

Über der Ukraine, die ihr Land, ihre Kultur und ihren Freiheitswillen verteidigt.

Über Berg-Karabach, Armenien und Aserbaidschan,

wo alte Konflikte wieder entflammt sind.

Über Polen und anderen Ländern, in denen nationalistische Interessen stark geworden sind und werden.

Welchen Beitrag können wir leisten für ein solidarisches Europa, eine solidarische Welt?

(Stille)

Dunkle Wolken über Afghanistan,

wo die Erde bebte und unzählige Opfer forderte –

wo es keine Strukturen der Unterstützung mehr gibt,

kein Vertrauen in die staatliche Ordnung.

Wie kann Hilfe zu den Bedürftigen gelangen?

(Stille)

Dunkle Wolken auch über unserem persönlichen Leben.

Durch eine bedrohliche Krankheit,

durch den Verlust eines Menschen an unserer Seite,

durch die Einschränkung der eigenen Lebensmöglichkeiten im Alter,

durch steigende Preise für das Lebensnotwendige.

Wer geht mit uns und macht uns Mut?

(Stille)

Gott,

wir sehen die dunklen Wolken der Bösen.

Wir spüren aber zwischendrin immer wieder

Sonnenstrahlen der Hoffnung,

Du lädst uns ein zum Großen Fest,

das ganz am Ende steht –

wenn Du uns bedienst,

wenn alle Tränen abgewischt sind von unseren Gesichtern.

Mögen diese Aussichten uns Hoffnung geben –

Trost, Mut und Gelassenheit auf unserem Weg.

Wir preisen dich in Ewigkeit. Amen.

 

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