WORAUF SOLLEN WIR HÖREN?- Predigt und Fürbitten zum 2. Sonntag im Jahreskreis B, 13. Januar 2024

Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?

Lesung

Lesung
aus dem ersten Buch Sámuel.

In jenen Tagen
3 schlief der junge Sámuel im Tempel des Herrn,
wo die Lade Gottes stand.
4Da rief der Herr den Sámuel
und Sámuel antwortete: Hier bin ich.
5Dann lief er zu Eli
und sagte: Hier bin ich,
du hast mich gerufen.
Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen.
Geh wieder schlafen!
Da ging er und legte sich wieder schlafen.
6Der Herr rief noch einmal: Sámuel!
Sámuel stand auf und ging zu Eli
und sagte: Hier bin ich,
du hast mich gerufen.
Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn.
Geh wieder schlafen!
7Sámuel kannte den Herrn noch nicht
und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden.
8Da rief der Herr den Sámuel wieder,
zum dritten Mal.
Er stand auf
und ging zu Eli
und sagte: Hier bin ich,
du hast mich gerufen.
Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte.
9Eli sagte zu Sámuel: Geh, leg dich schlafen!
Wenn er dich ruft, dann antworte:
Rede, Herr; denn dein Diener hört.
Sámuel ging und legte sich an seinem Platz nieder.
10Da kam der Herr,
trat heran und rief wie die vorigen Male: Sámuel, Sámuel!
Und Sámuel antwortete:
Rede, denn dein Diener hört.
19Sámuel wuchs heran
und der Herr war mit ihm
und ließ keines von all seinen Worten zu Boden fallen.

Evangelium

In jener Zeit
35 stand Johannes am Jordan, wo er taufte,
und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
36Als Jesus vorüberging,
richtete Johannes seinen Blick auf ihn
und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
37Die beiden Jünger hörten, was er sagte,
und folgten Jesus.
38Jesus aber wandte sich um,
und als er sah, dass sie ihm folgten,
sagte er zu ihnen: Was sucht ihr?
Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister —,
wo wohnst du?
39Er sagte zu ihnen: Kommt und seht!
Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte,
und blieben jenen Tag bei ihm;
es war um die zehnte Stunde.

….

Predigt

Zum Nachhören

Zum Nachlesen

Liebe Schwestern und Brüder,

laut war es in dieser Woche – vor allem am letzten Montag, als zigtausende Bäuerinnen und Bauern die Städte und Straßen in ganz Deutschland lahm legten – auch bei uns in Trier. Ich war morgens früh schon mit dem Rad in der Stadt unterwegs – ein gespenstisches Bild: die hupenden Traktoren auf dem Alleenring einerseits – und auch noch am späteren Vormittag Grabesruhe in der Innenstadt andererseits.

Still war es auf den Bahnhöfen, wo viele Züge nicht fuhren – umso lauter war die Gewerkschaft der Lokführer – mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky – für die einen eine Lichtgestalt, für die anderen eine Reizfigur. Ärztinnen und Ärzte protestieren, ebenso Transportunternehmen. Diverse Gruppen solidarisieren sich mit der leidgeprüften Zivilbevölkerung im Gazastreifen – schnell aber mischt ungebremster widerlicher Antisemitismus in den berechtigten Einsatz für die Menschenrechte der palästinensischen Zivilbevölkerung. Alle schreien gegen die Ampel – ohne zu sagen, wie sie es besser machen würden, vor allem auf der Straße und in den Medien.

Laut war es auch wieder an den Fronten in der Ukraine, im Libanon, im Jemen – und laut wird es auch schon allen vielen Orten, wo Wahlkämpfer*innen von den USA bis nach Europa und Deutschland schon die Messer wetzen.

Alle wollen sich Gehör verschaffen, Aufmerksamkeit erringen. Auch von uns. Was tun? Wie reagieren? Worauf sollen wir hören?

Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?
So dichtete der Fankfurter Priesterdichter Lothar Zenetti im Jahr 1971. So viele Geräusche, welches ist wichtig, soviele Beweise, welcher ist richtig? Soviele Termine, Parolen, Straßen, Programme, Fragen – welche sind wichtig? richtig?

Hat recht, wer am lautesten schreit? Hat Unrecht, wer nicht mehr anders kann als schreien? Wer braucht die Solidarität der Gemeinschaft? Wer nicht? Und wo bleiben die Stummen? Die noch nicht mal mehr schreien können? Worauf sollen wir hören?

Ungewöhnliche Antworten geben die beiden Schriftlesungen.

Der kleine Samuel im Tempel hört des Nachts eine Stimme. Er meint es sei der Tempelpriester Eli – der ist es aber nicht. Auch er braucht 2 Anläufe um auf die Idee zu kommen, dass es GOTT selbst ist. Er dann kann er dem Kleinen sagen: Wenn Du die Stimme noch mal hörst, dann sag: Rede, Herr, dein Diener hört. Das tut er dann auch. Dann passiert erstmal nichts.

Die Stimme Gottes scheint der Stimme von vertrauten Menschen zum Verwechseln ähnlich. Ich finde bemerkenswert, was die Stimme Gottes sagt: nichts anderes als den Namen. Gott ruft Samuel beim Namen. Er meint ihn. Unverwechselbar ihn. Nur ihn. Er gibt keinen Auftrag, er fordert nichts. Noch nicht. Er meint einfach nur ihn. Er will eine persönliche, personale Beziehung. Das ist doch sehr ungewöhnlich, oder?

Und die zweite Geschichte aus dem Johannesevangelium ist an dem Punkt ähnlich. Als die beiden Jünger des Johannes Jesus folgen, dreht er sich um und fragt: Was sucht ihr?

Sie antworten halb verlegen: Meister, wo wohnst du? Und Jesus antwortet: Kommt und seht. Kommt mit zu mir nach Hause. Kein Auftrag, keine Forderung, kein Auswahlverfahren, kein Screening, kein „Gar nichts“. Kommt und seht. Sie kamen mit und sahen, wo er wohnte.

Die Stimme Gottes hat in diesen beiden Begegnungen nichts Gewaltsames, nichts Forderndes. Die Gerufenen, Angesprochenen müssen sich nicht entscheiden. Sie müssen keine Partei ergreifen. Sie werden eingeladen, Erfahrungen zu machen. Der kleine Eli lernt „das Tempelhandwerk“, die beiden Jünger trinken mit Jesus Tee – die zehnte Stunde wird etwa vier Uhr am Nachmittag gewesen sein.

Gott will keine Abstimmung nach „JA/Nein“, „Richtig/Falsch“, Lösung A-B-C. Gott will Beziehung. Gott ruft beim Namen, Gott lädt ein.

Ein Freund aus dem Kloster in Mirfield hat mir gesagt, dass nach seiner Auffassung viele Menschen heute lieber „Dogmen“ haben statt „Beziehungen“. Dass sie lieber etwas auf ihrem Handy tippen – als einem Gegenüber in die Augen zu schauen. Die schnelle einfache Lösung – die nicht möglich ist – wird als Ziel angepriesen, der geduldig ausgehandelte Kompromiss wird schlecht gerecht. Ich weiß nicht, wo das hinführen soll und wird – in keinem der genannten Konflikte und Krisen.

Ich sehe jedenfalls den himmelweiten Unterschied zwischen dem, wie Gott mit den Menschen umgeht – dem kleinen Eli oder den beiden Jüngern – und dem, wie Menschen in unserer Zeit miteinander umgehen.

Vielleicht gibt es zu wenige wahre Beziehungen – statt Warenbeziehungen. Vielleicht wird zu viel von einander erwartet, vielleicht wird das Gegenüber zu schlecht gemacht. Vielleicht fehlt die Kraft zum geduldigen Kompromiss.

Vielleicht mehr der Mut zum In-die-Augen-Schauen, in den Schuhen des anderen gehen… Das wäre jedenfalls der Stil Gottes. Gott ist in Jesus – ohne Not – in unseren Schuhen gegangen – er weiß, wie Menschsein geht.

Liebe Schwestern und Brüder,
(Text lesen!)

Fürbitten

 Gott, der Lärm und das Geschrei dieser Woche
hallt auch heute noch nach.
Worauf sollen wir hören?

Bäuerinnen und Bauern demonstrieren für gerechte Bedingungen des Wirtschaftens, Lokführer*innen kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen. Ärzt*innen und viele andere ebenfalls.

Was ist richtig? Was ist gerecht?

(Stille)

 Gerechter Gott… wir bitten dich, erhöre uns.

Die terroristische Gewalt von Hamas, Hisbolla und dem Iran lärmt und tobt weiter. Die israelischen Militäraktionen, die Angriffe durch die USA und Großbritannien ebenfalls. Russland greift weiter die Ukraine an.

Was ist zu tun? Wie können wir uns für Frieden einsetzen?

(Stille)

 Gott des Friedens …  wir bitten dich, erhöre uns.

Der Umgangston in der politischen Landschaft in Deutschland wird rauer, in anderen Ländern ebenfalls. Die Meinungen werden einfacher, populistischer und lauter. Die Lösungen werden in dieser Situation immer komplizierter.

Was können wir tun? Wie können wir uns für einen respektvollen Umgang miteinander einsetzen?

(Stille)

 Achtsamer Gott… wir bitten dich, erhöre uns.

Immer weniger Menschen hören auf deine Stimme.
Außerhalb der Kirchen, aber auch innerhalb. Da geht es oft nur noch um Verwaltung und Strukturen.
Deine liebende Anwesenheit vertritt keine Meinungen, fordert nicht zu plakativen Meinungsäußerungen heraus. Oft ist es herausfordernd, Dein Schweigen auszuhalten.

Wie können wir mehr auf dich hören? Dich und Dein Schweigen?

(Stille)

 Gegenwärtiger Gott… wir bitten dich, erhöre uns.

Uns plagen sorgen um die Zukunft, um die Gesundheit,
um das Wohlergehen unserer Lieben.
Wir vermissen diejenigen, die zu unserem Leben gehört haben.

Wie können wir glauben und hoffen, dass sich unser Leben in Dir vollendet?

(Stille)

 Gott des Lebens… wir bitten dich, erhöre uns.

Mit Jesus haben wir den Messias gefunden, den Retter.
Er ist dein Wort, der Weg zu dir. Deine Liebe.
Dich preisen wir in Ewigkeit.

 

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